Die 19. jährliche Interactive Fiction Competition

von Mr Creosote (01.10.2013)

Es ist mal wieder Zeit für den jährlichen Textadventure-Wettbewerb! In diesem Jahr (2013) möchte ich jedoch mal ein bisschen anders an die Sache herangehen: Anstatt so viele Rezensionen in kürzester Zeit zu produzieren, sammle ich erstmal meine unsortierten Gedanken an dieser Stelle und erst wenn ich durch die komplette Liste durch bin, werden ein paar dedizierte Rezensionen folgen. Damit möchte ich das Problem des letzten Jahres vermeiden, in dem einige der besten Spiele erst weit unten auf der Liste und entsprechend spät auftauchten, wodurch sie nicht mehr so ausführlich behandelt wurden, wie sie es verdient hätten.

Eine weitere Anpassung ist, dass ich nur noch Spiele aufliste, die ich auch zu spielen gedenke. Die Gründe dafür, ein Spiel nicht zu berücksichtigen, sind dagegen die gleichen wir immer: Die Spiele müssen lokal auf meinem normalen Computer mit meinen Standardeinstellungen laufen. Soll heißen – um gleich das diesjährige Paradebeispiel zu nennen – das Spiele, die eine Internetverbindung und bescheuerte Technologien wie Javascript erfordern raus sind. Nach meiner Zählung sind also schonmal mehr als die Hälfte der Spiele von meiner Liste disqualifiziert. Im Umkehrschluss gibt mir das locker Zeit, mich ausführlicher mit dem Rest zu beschäftigen.

An die Autoren

Ich schicke euch gerne die Mitschriften meiner Spieldurchläufe und wir können auch gerne noch weitere Details eurer Spiele privat diskutieren. Ihr müsst jedoch die Initiative übernehmen. Wer E-Mail benutzt, habe bitte Verständnis, dass ich nicht an Google-Mail-Adressen antworte.

Die Spiele

Ollie Ollie Oxen Free

Durchgespielt 2013-10-01: Es geht gut los! Hinter dem unverständlichen Titel verbirgt sich ein actiongeladenes Abenteuer. Das Spiel findet in der Schule einer Militärbasis statt. Die Basis wird angegriffen. Wer greift warum an? Das wird zum Glück nicht weiter behandelt. Es ist einfach so und nun ist man zusammen mit ein paar Grundschülern in dem teilweise zerstörten Gebäude gefangen und muss einen sicheren Ausweg finden.

Da der Avatar des Spielers (der Lehrer) selbst schwer verletzt ist, spielt sich Ollie so, dass man die verschiedenen Kinder sozusagen als Werkzeuge einsetzt. Man selbst kann sie nur umherführen und sie bitten, Dinge zu tun, wie beispielsweise Objekte herumzutragen und sie zu benutzen. Anders als im letztjährigen Escape from Summerland übernimmt der Spiele jedoch selbst niemals unterschiedliche Rollen. Wir sprechen hier also von Überzeugungsarbeit: Alle wirklich interessanten Eingaben sind Anweisungen an andere Charaktere, die diese auch durchaus zurückweisen können.

Nicht nur in diesem Sinne ist jedoch die menschliche Natur der „Objekte“ relevant. Größtenteils ist das Spiel hervorragend implementiert, sowohl im Bezug auf zahllose passende Antworten auf eher seltsame Spielereingaben, als auch den Zustand des Spiels angeht. Man zerrt einen Jungen auf die Mädchentoilette? Das wird mindestens einen besonderen Kommentar geben. Man fragt ein Kind nach seiner Meinung über ein anderes anwesendes? Das löst ebenfalls eine Reaktion aus. Jedes der Kinder bekommt seinen eigenen, unterscheidbaren Charakter und der Einblick in diesen Mikrokosmos ist wunderbar menschlich gestaltet.

Trotz der ernsten Thematik gelingt es dem Spiel so, auch ein bisschen Humor herauszuschlagen, ohne dass das unpassend gezwungen wirkt. Nur eine meiner Lieblingsstellen:

Zitat:
>hug tyrone
You ask, „Tyrone, can I have a hug?“

Tyrone might be a badass in the making, but he's also eight. He gives you a big hug.

Ollie unterscheidet sich fundamental von dem ebenfalls positiv aufgenommenen One Eye Open der gleichen Autorin in einem Aspekt: Der Spieler steuert die Geschehnisse. Ohne ihn geht nichts voran. In dem älteren Spiel befand sich der Spieler niemals wirklich im Fahrersitz: Der Plot schritt mit oder ohne ihn fort. Der Spieler konnte Einfluss auf den Plot nehmen, aber selbst wenn er nichts tat, geschahen Dinge. Man könnte also sagen, dass der Plot den Spieler trieb. Solange dem Spieler in Ollie nichts gelingt, steht die Zeit dagegen praktisch still. Dadurch verliert man vielleicht die Motivation, das Spiel mehrfach zu spielen, aber die Motivation im ersten Durchlauf ist dafür viel höher.

Gut und gern verzichtet hätte ich dagegen auf die kitschige Endwendung. Das war völlig unnötig. Angesichts des unterhaltsamen Spiels, das dorthingeführt hat, ist es jedoch leicht verschmerzbar.

Trapped in Time

Durchgespielt 2013-10-04: Hierbei handelt es sich um ein Spielbuch. Ja, ehrlich! Das Spiel erreicht seinen Rezipienten in Form einer PDF-Datei zusammen mit einem README-Text, der gleich mal rät, die Seiten zum Spielen auszudrucken. Soweit bin ich nicht gegangen, aber Notizen über den Spielfortgang zu machen, ist schon wirklich notwendig.

Wie man erwarten konnte, beschreibt Trapped in Time ein klassisches Zeitschleifenszenario, in dem eine Szene sich immer und immer wieder wiederholt, bis der Spieler einen Weg zum Ausbruch findet. Das ist eine interessante Designentscheidung, denn gerade das wiederholte Besuchen der gleichen Buchabschnitte ist in diesem Format eigentlich eher problematisch. Das liegt an der Schwierigkeit, Statusänderungen korrekt zu verarbeiten: Wie kann sich ein Spiel „merken“, dass ein Spieler hier bereits mal gewesen ist, woher weiß das Spiel, was er bei sich hat usw.? Solche Zustandsdaten müssten den Abschnitt des Buches und die Auswahloptionen des Spielers beeinflussen, denn sonst entsteht ja wirklich ein unausbrechlicher Kreislauf.

Aus den 80er Jahren bin ich, wie wahrscheinlich viele Leser, diesbezüglich von den Abenteuerspielbüchern von Steve Jackson und Ian Livingstone geprägt. Also mal ein paar Beispiele aus dieser Richtung.

Der Sumpf der Skorpione erlaubt dem Spieler relativ große Bewegungsfreiheit zwischen den Ortschaften, inklusive sonst ungewöhnlichen Rückwegen. Das Buch benutzt dazu das berüchtigte „Wenn du schonmal hier warst…“, um Statusänderungen darzustellen. Das ist unbeholfen, denn es enthüllt Informationen, die der Spieler noch gar nicht haben sollte, zu zu früher Zeit und die Verlockung, einfach mal zu schummeln, ist groß. Dazu kam, dass viele Beschreibungen ohnehin nicht so richtig berücksichtigten, dass der Spieler auch ein zweites oder drittes Mal hier vorbeischauen könnte. Diese Technik wurde hiernach nur noch selten angewandt.

Die Höhlen der Schneehexe war mit den Auswahlmöglichkeiten einfacher konstruiert, aber an einer bestimmten Stelle fragte es den Spieler einfach geradeheraus, ob er einen bestimmten Trank im bisherigen Spielverlauf getrunkten habe (d.h. das Buch prüfte den Zustand ab). Das ist besonders unbeholfen, denn gerade diese Information, dass dieser Trank in dieser Situation wichtig sein würde, sollte der unbedarfte Spieler gar nicht wissen.

Im Finale von Das Labyrinth des Todes muss der Spieler diverse vorher (hoffentlich) gefundene Edelsteine benutzen. Dabei basiert die Information, ob er sie wirklich hat, natürlich rein auf der Ehrlichkeit des Spielers. Dies ist jedoch immerhin nicht schlimmer als die Behandlung der Kämpfe oder auch jede andere Handlung im Buch. Solch fehlende Überprüfung der Zustände ist also im Rahmen des Formats akzeptabel. Komplexe Zustandsänderungen können mit dieser Technik aber natürlich nicht durchgespielt werden.

Zuguterletzt sei noch Die Zitadelle des Zauberers erwähnt. In diesem Buch gibt es einen Abschnitt, in dem der Spieler aufgefordert wird, zu der Nummer des Abschnitts, die mit einer ihm bekannten Zahlenschlosskombination übereinstimmt, zu springen. Das ist die wohl schlaueste Variante, Spielerwissen wirklich abzuprüfen, denn dadurch entsteht – anders als beispielsweise bei der Schneehexe kein Informationsleck durch die Spielmechanik. Die Einschränkung ist, dass diese Methode nur mit dreistelligen Zahlenkombinationen funktioniert.

Das könnte man jedenfalls denken. Trapped in Time hebt die gleiche Idee auf neue Komplexitätsebenen. Jedes Mal, wenn der Spieler etwas Wichtiges erfährt oder ein Objekt mitnimmt, das man später gebrauchen könnte, bekommt er die Anweisung, er könne dies – in den passenden Situationen – anwenden, indem er X zu der regulären Abschnittsnummer hinzurechne (wobei X natürlich für jedes Objekt anders ist). Diese relative Angabe ist ziemlich clever und funktioniert besser als erwartet – wenn man mal von den zu erwartenden Unsicherheiten, wann etwas nun überhaupt anwendbar ist, absieht (d.h. im spielmechanischen Sinne: Zu welcher Zahl muss ich nun X addieren?).

Doch obwohl Trapped in Time im Buchformat veröffentlicht wurde, ist der Eindruck beinahe, dass es sich eigentlich um verkappte Werbung für all diese Entwicklungssysteme auf HTML-Basis handelt. Warum das? Es ist ein Buch, das, wie beschrieben, sehr starken Gebrauch von Zustandsänderungen und -prüfungen sowie darauf bedingten Sprüngen macht. Und nachdem man sich durch diesen zugegeben schlau konstruierten Plot gekämpft hat, indem man ganz altmodisch Seiten umgeblättert hat, beschleicht einen schon das Gefühl, dass es Maschinen geben könnte, die diese Prüfungen und die Sprünge besser durchführen könnten, als ein Mensch. Diese Maschinen bezeichnet man allgemein als „Computer“. Doch es ist wie mit jedem Werkzeug: Was nachher herauskommt, kann immer nur so gut sein, wie das Talent und der Aufwand des Autoren es erlauben – weshalb Trapped in Time qualitativ in einer ganz anderen Liga spielt, als 99% der „Twine“-Ergüsse.

The Paper Bag Princess

Durchgespielt 2013-10-07: Dies ist eines dieser sehr kurzen Spiele, die in den letzten Jahren sehr typisch für die IF-Competition geworden sind. Anscheinend handelt es sich um die Adaption eines Kinderbuchs, was mir jedoch beim Spielen nicht bewusst war. Die Konsultation Wikipedias legt nahe, dass sich die Adaption sehr nahe am Original hält. Doch auch ohne Kenntnis der Vorlage ergeben sich die notwendigen Aktionen recht organisch – abgesehen von einem Fall, in dem das Spiel allerdings deutlich mit Tipps nachhilft (als es darum geht, den Drachen zu überlisten).

Letzteres deutet darauf hin, dass das Spiel sehr gut im Bezug auf den Lösungsweg getestet wurde. Leider ist das jedoch nicht der Fall, was versuchte Interaktionen jenseits der geraden Lösungswegs betrifft. Schade, denn so klein es auch sein mag, hätte das das Spiel doch noch viel unterhaltsamer gemacht. In diesem Zustand ist es eben ein kleiner Scherz, der einen so ungefähr zehn Minuten bei der Stange hält. Aber wahrscheinlich ist es ja eh so gedacht, dass kleine Kinder dies gemeinsam mit ihren Eltern spielen, also was meckere ich überhaupt?

Further

Durchgespielt 2013-10-09: Es fällt schwer, negative Dinge über dieses Spiel zu sagen, da sein Autor sich in den Metatexten des Spiels sehr enthusiastisch gibt. Was Will nur verstehen muss ist, dass ein Spiel zu designen und zu schreiben normalerweise aus gutem Grund einfach länger als zwei Sitzungen dauert! Es handelt sich einfach um eine komplexe Aufgabe.

Die grundlegende Spielmechanik könnte schon interessant sein: In der Rolle einer kürzlich verstorbenen Seele findet man sich in einer nur teilweise wahrnehmbaren Welt wieder, die man dadurch erfassen muss, dass man auf Erinnerungen aus dem früheren Leben zurückgreift. Technisch stellt sich das so dar, dass man Objekte aufsammelt und zu den vorgesehenen Plätzen trägt. Das ist jedoch so implementiert, dass es kaum den Namen „Spiel“ verdient. Man hat niemals mehr als ein Objekt/eine Erinnerung zur Zeit dabei, das dann auch noch gleichzeitig als Kompass fungiert, einem also die Laufrichtungen vorgibt. Wodurch man als Spieler jegliche Motivation, die Welt auch mal selbstständig zu erkunden, verliert.

Von dieser Designschwäche abgesehen ruft einem auch die (fehlende) Implementationstiefe jenseits des geraden Lösungswegs die kurze Entwicklungszeit schmerzlich ins Bewusstsein. Ein Umschlag kann nicht geöffnet, ein Gewand nicht angezogen und auf einen Baum nicht hochgeklettert werden. Und zwar nicht begründet innerhalb der Spielwelt (was ja in Ordnung wäre und die Sache sogar interessanter machen könnte), sondern weil der Autor diese offensichtlichen Aktionen einfach nicht vorgesehen hat.

Der endgültige Sargnagel für die Spielerfahrung ist dann auch noch die Verwendung des „Player Experience Upgrade“. Bitte, Leute, Finge weg davon! Damit, eure Spieler wie Idioten zu behandeln, macht ihr keine Punkte, es nervt einfach nur!

Also, Herr Autor, bitte verlier nicht den Mut. Die Spielidee war ja nicht schlecht und technisch gesehen ist die Programmierung ebenfalls solide. Doch wenn du wirklich so enthusiastisch bist, dann musst du auch verstehen, dass das hier höchstens das nackte Grundgerüst eines Spiels ist, das viel (viel!) weitere Ausarbeitung benötigen würde, um es wirklich unterhaltsam zu machen.

The House at the End of Rosewood Street

Durchgespielt 2013-10-10: Um gleich mal eine Sache aus dem Weg zu räumen: Es gibt schon einen Grund dafür, dass die meisten Spiele selbst heutzutage immer noch ihr Bewegungsschema auf Himmelsrichtungen aufbauen. Es ist nicht nur eine blöde Tradition, die man überwinden muss. Es ist einfach praktisch, weil Himmelsrichtungen absoluter Natur sind: Westen ist immer Westen, Norden immer Norden. Die meisten anderen Bewegungsschemata sind dagegen relativer Natur. Das kann jeder Leser ausprobieren, indem er mal eben aufsteht und ins Badezimmer geht. Moment, bevor ihr jetzt alle aufspringt: Von eurer jetzigen Position aus gesehen, ist das Bad recht von euch? Nehmen wir mal an das sei so. Jetzt aufstehen und losgehen… ja, genau, da um die Ecke… und da nochmal… ah, ja, da ist die Badezimmertür. Moment, jetzt ist sie auf der linken Seite? Das liegt daran, dass „links“ und „rechts“ (da sie relative Angaben sind) ihre Bedeutung mit jeder Wendung ändern. Nicht so bei Himmelsrichtungen: Wenn das Badezimmer östlich des Wohnzimmers liegt, dann ist das einfach universell korrekt, unabhängig von dem verwinkelten Weg, den man dorthin zurücklegen muss.

The House at the End of Rosewood Street versucht mit den Richtungen „hoch“, „runter“, „links“ und „rechts“ (im Bezug auf die Straße) auszukommen. Es benutzt diese Richtungen, als wären es absolute Angaben; entweder das, oder der Protagonist findet es witzig, seit- und rückwärts zu laufen, um die Angaben „links“ und „rechts“ statisch zu halten. Sehr gute Methode, den Spieler zu verwirren! Doch es wird noch schlimmer: Das Spiel erlaubt Abkürzungen für diese Richtungen und diejenige für „links“ ist… genau, es ist „l“. Der Befehl, den 99,999999% aller Spiele als Abkürzung für LOOK verwenden, d.h. um die Raumbeschreibung nochmal angezeigt zu bekommen. Es handelt sich also um einen der häufigst benutzten Befehle überhaupt. Meine ersten Gehversuche in diesem Spiel sagen also in etwa so aus (aufs Wesentliche gekürzt):

Zitat:
Your House

>l
(first opening the front door)
The front door swings open.

Your Yard

>l

Right Side of the Street

>l

The Street

>l

Left Side of the Street

>l

Maurice's House

>l
(first opening Maurice's door)


An dieser Stelle war ich kurz davor aufzugeben und das Spiel als unspielbar fehlerhaft einzustufen. Also bitte, experimentiert ruhig mal mit verschiedenen Bewegungsschemata, aber zerstört dabei nicht die grundlegendsten Befehle – oder macht diese Änderungen zumindest sofort sichtbar und versteckt diese Information nicht in einem extra aufzurufenden Hilfetext!

Doch ich habe mich durchgebissen und verstand dann irgendwann, wie dieses Spiel funktioniert, also sprechen wir nochmal ein bisschen über diese weitere Erfahrung.

Es handelt sich um eines der ambitionierteren Spiele. Der Spielerin übernimmt die Rolle des Laufburschen der gesamten Nachbarschaft (das denkt man zumindest erstmal). Doch natürlich ist das nur der vordergründige Anlass für surreale Ereignisse, die tatsächlich eine ganz andere Geschichte erzählen.

Letzteres sollte also der interessante Part sein; nach ein paar Spieltagen taucht plötzlich aus dem Nichts ein neues Haus an der Straße auf und natürlich zeigen sich alle angestammten Bewohner auf Nachfrage verwundert: Das Haus sei doch schon immer dagewesen. Bereits davor hatte das große Herrenhaus am Ende der Straße ebenfalls einen neuen Bewohner erhalten (was jedoch niemand abstreitet): einen mysteriösen Mann von geradezu magnetischer Anziehungskraft. Und dann, nach einer Woche, verschwindet die aufgetauchte Frau ebenso unvermittelt wieder und die Geschichte beginnt nochmal von vorne.

Einige Passagen sind sehr gut geschrieben und vermitteln wirkungsvoll die geheimnisvolle Atmosphäre. Insgesamt bleibt die Welt jedoch sehr statisch. Ähnliches gilt für die Aktitiväten der Spielerin: Jeder Tag besteht primär erstmal daraus, Zeitungen auszutragen. Man muss zu jedem einzelnen Haus laufen, an jeder einzelnen Tür klopfen und jede einzelne Zeitung persönlich aushändigen. Ja, jeden Tag. Die Reaktionen der Charaktere auf diese Besuche ändern sich niemals. Jeden Tag bekommt man dazu von irgendeinem von ihnen eine zusätzliche Aufgabe, die meist darin besteht, etwas für sie zu reparieren oder etwas zu besorgen. Was niemals zu irgendetwas Interessantem führt, abgesehen von dem einen einzigen Fall, der damit die einsame Plotverzweigung darstellt.

Es ist nicht leicht, konkrete Verbesserungsvorschläge für das Spiel zu machen. Es ist hoffentlich bereits klar geworden, dass die notwendigen Interaktionen des Spielers zu einem zu großen Anteil aus Routinearbeit bestehen. Doch das hat immerhin seinen erzählerischen Grund: Ohne diese langen Szenen eintöniger Aufgaben wären die kleinen Änderungen lange nicht so effektiv. Dazu kommt, dass gerade das tägliche Austragen der Zeitungen plottechnisch dazu notwendig ist, die täglich neuerliche Erkundung der gesamten Straße zu motivieren, so dass man die anderen anstehenden Aufgaben, die den Plot schließlich voranbringen, überhaupt erst erfährt. Was allerdings nichts daran ändert, dass diese schier endlosen Trips zu all den Häusern schnell ermüdend und dann sogar nervig werden.

Betrachtet man den Unterhaltungswert pro Zeiteinheit, ist es fraglich, wie viele Spieler es überhaupt bis zum Ende durchhalten werden. Selbst die Entscheidung, das Spiel bei „falscher“ Entscheidung des Spielers einfach von vorne beginnen zu lassen, anstatt es mit einem schlechten Ende zu versehen, ist fraglich: Wer möchte sich wohl daraufhin ernsthaft ein zweites Mal durch all diese ereignislosen Tage kämpfen?

The House at the End of Rosewood Street ist damit ein Spiel, das als Spiel einfach nicht funktioniert. Völlig unabhängig von Implementierungsfragen (wie der eingangs diskutierten). Das Konzept bedingt, dass der Fortschritt durch das Spiel einfach überhaupt keinen Spaß macht. Ich könnte jetzt argumentieren, dass das Ende einen dafür nicht ausreichend entschädigt, da es immer noch zu vage bleibt. Ich könnte viele weitere seltsame Eigenheiten des Parserverhalten auflisten. All das sollte man vielleicht in Betracht ziehen zu ändern, aber nichts davon würde das Hauptproblem entscheidend berühren. Was schade ist, denn wie gesagt ist das Spiel streckenweise ziemlich gut geschrieben. Es passiert ja selten: Ich kann hier nur auf die Probleme zeigen, aber ich bin ratlos, wie man es besser machen könnte.

A Wind Blown from Paradise

Durchgespielt 2013-10-14:

Zitat:
A posting of marks and ticks, of lines, standing to direct paths to destinations. But the convolution of the center is a Gordian knot, and no priest could divine from it the way to the ocean and sky of your memory. A line, extending out from this center, though of no rail you can see, and beyond the ken of the map, has by its edge a name.

Nein, wer sowas (ernsthaft) schreibt, kommt nicht feinsinnig-klug rüber. Es wirkt einfach nur hochgestochen. Warum? Weil es schlicht und einfach nichts bedeutet. A Wind Blown from Paradise hat immerhin eine kleine interessante Idee, nämlich dass man eine verblassende Erinnerung mehrmals besucht. In gewisser Weise wird also die übliche Spielmechanik, in der man mit jedem Besuch eines Ortes mehr über ihn erfährt, auf den Kopf gestellt.

Wenn dem Spieler mehr Zeit gegeben würde, diese Erinnerungsszene auch wirklich genauer in Augenschein zu nehmen, und das Spiel dann passende Antworten, die den langsamen Verlust an Details adäquat zeigten, böte, hätte das spannend werden können, denn dann hätte der Spieler das, was wohl die zentrale These des Spiels sein soll, erleben können. Doch wie zu erwarten war, nachdem man das Eingeständnis, dass es sich um die Umsetzung einer „statischen Version der Geschichte“ handelt, liest, sind wirklich überhaupt keine Aktionen außer den dreien, die das Spiel zum Ende bringen, möglich. „Interaktiv“ zu erzählen, wenn man es richtig macht, umfasst mehr als dem Spieler die Möglichkeit zu geben, die nächste Szene auszulösen. Und natürlich verbessert auch diese schrecklich prätentiöse Sprache den Eindruck nicht. Hier gibt es wirklich nichts zu sehen.

Robin & Orchid

Durchgespielt 2013-10-15: Robin ist ein junges Mädchen, das bei der Highschool-Zeitung arbeitet. Orchid ist dort wohl eine Kollegin Robins, aber sie kommt im Spiel kaum vor. Sie sollen… Geistererscheinungen in einer Kirche (?) untersuchen. Orchid war wohl die Initiatorin der Sache. Warum diese einschränkenden sprachlichen Wendungen? Weil es auch im Spiel alles recht vage gehalten ist – und das, obwohl das Spiel mit gefühlten tausend Worten beginnt. Wie man in einer solch wortreichen Einführung dermaßen wenig Information vermitteln kann, ist beinahe ein größeres Mysterium als die Frage der Existenz oder Nicht-Existenz von Geistern!

Auf jeden Fall schleicht der Spieler, alias Robin, nachts durch diese Kirche, mit der Polaroid-Kamera im Anschlag, um Schnappschüsse übernatürlicher Erscheinungen zu ergattern. Die Kirche hat für ein Spiel in diesem Wettbewerb recht große Ausmaße. Also erkundet man sie geduldig. Findet ein paar Objekte. Eine Katze streunt herum. Seltsame Irrlichter und etwas Schleim tauchen auf. Schließlich zeigt sich tatsächlich eine geisterhafte Figur. Und dann entdeckt man einen Geheimgang, der Zugang zu dem Schlüsselobjekt gewährt, das wiederum die eine andere verschlossene Tür des Spiels öffnet, hinter der sich dann die Auflösung verbirgt. Spiel vorbei. Hä? Welche Funktion haben all diese Nebelkerzen, wenn sich letztlich alles durch das Öffnen zweier verschlossener Türen erledigt? Das wird wohl das Geheimnis der Autoren bleiben.

Es könnte ein Zeichen dafür sein, dass die ursprünglichen Pläne mal größer gewesen waren, aber nicht rechtzeitig fertiggestellt werden konnten. Solche Einkürzungen sind aber generell keine gute Strategie, weil die Schieflage zwischen Umfang und Inhalt sehr deutlich sind. Oder aber es ist tatsächlich so gedacht, aber dann stellt sich die Frage der Sinnhaftigkeit dieser Designentscheidung. Dass die erstmal als solche vermittelte zentrale Spielmechanik, Fotos von Beweisstücken zu machen, zwar sehr, sehr gut implementiert ist, ihr aber letztendlich dann doch keinerlei spielerische Funktion zukommt, deutet eher auf erstere Theorie hin.

Emily Boegheim, eine der Autorinnen, war vor zwei Jahren bereits für das reizende It verantwortlich. Jenes Spiel hatte sogar noch weniger spielerischen „Sinn“, aber es war trotzdem sehr gut. Der Unterschied liegt darin, dass der geringe Umfang des älteren Spiels sofort sichtbar war. Dies wurde durch die hervorragende Implementierung zahlloser kleiner Aktionen und der menschlich glaubwürdigen Charakterisierung der handelnden Personen ausgeglichen. Robin and Orchid ist ebenfalls hervorragend implementiert: Es unterhält zu beinahe jeder Zeit, egal, wie obskur das, was der Spieler auch versucht, ist.

Die Schwäche liegt dagegen bei den Charakteren. Man erfährt nicht viel über Robin und über Orchid sogar noch weniger – mal völlig abgesehen von all den anderen Personen. Irgendwann gibt es Hinweise auf eine Rivalität zwischen den beiden titelgebenden Charakteren, aber weder wird das jemals weiter vertieft, noch wurde es bis zu dem Punkt entwickelt.

Robin and Orchid ist also eine Kuriosität: Es hat ein solides Fundament, das bis zur Perfektion aufgebort ist, aber es erfüllt die so aufgebauten Erwartungen niemals. Die große Belohnung, die im Herzen des Geschehens stecken sollte, kommt einfach nie. Es ist hervorragende Handwerksarbeit, aber keine gute Kunst, und so lässt es mich (und ich denke mal auch andere) kalt.

The Wizard's Apprentice

Durchgespielt 2013-10-16: The Wizard's Apprentice ist ein Textadventure alter Schule in einer Märchenwelt. Als Zauberlehrling wird man von seinem Lehrer einer Prüfung unterzogen. Diese besteht aus den Klassikern des Genres: Als erstes gilt es, aus einem verschlossenen Raum zu entfliehen, dann folgen ein paar Fetch-Quests (andere Charaktere sagen einem, man solle ihnen A besorgen, damit sie einem B geben). Grundlegend ist daran nichts kritisieren.

Das Spiel stellt sich weitgehend auch solide genug dar. Klar, hier und da hätte man ruhig ein paar mehr Synonyme für Aktionen einbauen können (um nur zwei Beispiele zu nennen: Gleich am Anfang muss man etwas treten, schlagen wird jedoch mit der Standardantwort abgelehnt; das allerletzte Rätsel besteht daraus, etwas auszugießen, aber es einfach draufzulegen funktioniert nicht). Man kann sogar einen See mitnehmen und, um die Situation noch surrealer zu gestalten, dann darauf herumlaufen, während man ihn im Inventar hat. Dann gibt es noch ein völlig offensichtliches Zustandsproblem (eine Aktion, deren Ausgang später vorausgesetzt wird, ist nicht verpflichtend), das in eine unentfliehbare Sackgasse führt. Bedenkt man, dass dieses Spiel immerhin sechs Betatester hatte, ist das alles schon recht seltsam; was haben diese Leute denn getestet? War nach dem Testen nicht mehr genug Zeit, die Fehler auszubügeln? Oder ist der Autor den Ratschlägen der Tester nicht gefolgt?

Doch ehrlich gesagt ist das gar nicht das größte Problem des Spiels. Bei einem solch kleinen Spiel ist es verschmerzbar. Wirklich schlimm ist der Umgang mit dem „letzten Punkt“. Das Spiel nimmt expliziten Bezug auf diese Genretradition. Ob das nun eine besonders witzige Tradition ist oder nicht, möchte ich an dieser Stelle gar nicht diskutieren. Eines ist jedoch darin essentiell etabliert: Diesen letzten Punkt zu erreichen ist zum Durchspielen optional. Es ist ein versteckter Bonus für verrückte Perfektionisten. Weshalb die Aktion, diesen Punkt zu erreichen, meist auch beinahe unmöglich ist.

The Wizard's Apprentice interpretiert das jedoch anders: Es zwingt den Spieler, eine völlig unvorhersehbare Aktion durchzuführen, die einen Geheimgang öffnet, für dessen Existenz es wirklich überhaupt keinen Hinweis gab. Man kommt darum nicht herum; es ist eine verpflichtende Aktion um weiterzukommen, die aber unmöglich zu erfassen ist. Nicht nur ist es unmöglich auf die Idee zu kommen, was man tun muss und wie es zu tun ist, sondern es gibt noch nicht mal jeglichen Indikator dafür, dass man überhaupt etwas tun muss an dieser Stelle.

Mit solchen Dingen verlässt man den Bereich technischer Problemchen. Es ist ein unverzeihlicher Designfehler.

The Cardew House

Hierbei handelt es sich um ein Geisterhausspiel. Vor langer Zeit spielte sich dort eine Familientragödie ab. Warum der Protagonist sich damit beschäftigt? Unwichtig.

Das Spiel ist offensichtlich ungetestet und die Implementierung ist mehr als dünn. Der Autor hat exakt die minimal notwendigen Aktionen zur Lösung des Spiels eingebaut – nicht eine einzige mehr. Ansonsten zeigt das Spiel also das Standardverhalten der Inform-7-Library. Was zu einigen bizarren Situationen führt (nicht zusammenhängende Zitate):

Zitat:
>touch moon
You feel nothing unexpected.

-----

The entrance hall
[...] There is a strong smell of damp hanging in the air. [...]

>smell
You smell nothing unexpected.

-----

>examine table
[...] There are some scratches on the surface.

>examine scratches
You can't see any such thing.

-----

>look in mirror
You find nothing of interest.

>examine mirror
For a moment you see the image of little girl looking back at you. She looks sad and scared. Suddenly, she disappears and only your own reflection is there...

-----

>sit on toilet
That's not something you can sit down on.

>get on toilet
That's not something you can enter.

>open toilet
That's not something you can open.

-----

>lie on bed
That's not a verb I recognise.

>get on bed
That's not something you can enter.

Das sollen nur illustrierende Beispiele sein. Das Spiel wäre gerne atmosphärisch, aber der Erfolg hält sich in sehr engen Grenzen. Da gibt es immer mal wieder Meldungen über scheinbar zufällig an- und ausgehende, flackernde Lichter aus unterschiedlichen Richtungen… das ist ja schonmal ein guter Anfang, doch selbst wenn es nachher keine Relevanz für die Lösung hat, müsste man dem Spieler schon erlauben, diesen Erscheinungen zumindest oberflächlig nachzugehen.

Natürlich schlägt sich die mangelhafte technische Umsetzung auch auf die Lösungen der Rätsel nieder. Da man wohl nicht so viel Spaß verderben kann, hier mal ein paar Beispiele:

Zitat:
>look under mattress
You find nothing of interest.

>examine mattress
As you look more closely at the mattress, you notice that there is something hidden underneath it...

Dieses ist auch toll:

Zitat:
>destroy painting
Violence isn't the answer to this one.

>cut painting
Cutting that up would achieve little.

>slash painting
You slash the painting. [...]

Oder wie wäre es hiermit? Unbezahlbar:

Zitat:
>stand on stool
That's not something you can stand on.

>get on stool
That's not something you can enter.

>up
You stand on the stool and pull yourself up.

Das Spiel ist leider voller solcher „witziger“ Situationen und das tötet leider jegliche Immersion des Spielers ab. Dadurch ist es einfach, das Spiel als minderwertig abzutun und es dabei bewenden zu lassen. Doch ich möchte trotzdem nochmal ein paar Ratschläge geben.

Zuerst an Andrew, den Autoren: Du musst lernen, was das Standardvokabular des Systems ist, das du benutzt. Also konkret: Besorge die eine Liste der Befehle, die Inform standardmäßig unterstützt. Drucke sie aus und lege sie auf deinen Schreibtisch. Pro Aktion, die du vom Spieler erwartest, denke bitte darüber nach, ob sich auf der Liste weitere Befehle befinden, mit denen man das gleiche ausdrücken könnte. Danach gehe bitte pro im Spiel definiertem Objekt in dich, was die Aktionen eines Spielers sein könnten. Man muss ja nicht gleich tolle Antworten auf Befehle wie EAT MOON haben (das probieren nur Spinner wie ich). Aber alles, was wirklich nahe liegt, sollte schon eine vernünftige Parserantwortwort bekommen (wie eben bspw. SIT ON TOILET). Dabei ist es gar nicht mal wichtig, ob diese Aktionen letztlich erlaubt oder abgelehnt werden – man muss dem Spieler nur zeigen, dass man darüber nachgedacht hat.

Zweitens ist es einfach essentiell, mindestens einen Tester ein paar Mal durch das Spiel zu schicken, bevor man es veröffentlicht. Dazu kann (und sollte) man sich ruhig an Fremde wenden. Auf entsprechenden Webseiten und in thematisch passenden Foren finden sich immer Freiwillige (und wenn nicht: Schande auf die „Community“!). Bitte die Tester, mit aktivierter Skriptfunktion zu spielen. Dadurch entstehen nachvollziehbare Perspektiven auf das selbstgeschriebene Spiel von unschätzbarem Wert, da man hier direkt sieht, was man dringend noch implementieren sollte.

Drittens, und dies wendet sich an potentielle Tester: Klar, man hat nicht für alles Zeit. Vielleicht wirkt es verlockender, das Spiel eines bereits bekannten Autoren zu testen. Vielleicht bildet man sich ein, dass einem dies mehr Prestige verschafft. Aber denkt doch mal vom Effizienzgedanken aus: Testet man das Spiel eines erfahrenen Autoren, muss man schon sehr tief einsteigen, um größere Probleme und entsprechend Verbesserungspotential zu identifizieren. Man muss nicht nur sehr viel das unfertige Spiel spielen, sondern auch bereit sein, im Folgenden über diverse Designentscheidungen ausführlich zu diskutieren. So lief es jedenfalls bei einigen Spielen, die ich selbst vor Veröffentlichung getestet habe.

In dieses Spiel habe ich jetzt dagegen weniger als eine Stunde gesteckt. Die Punkte, an denen man arbeiten sollte, sind sofort offensichtlich. Selbst wenn der Autor jetzt nur das eine Skript meiner Sitzung nähe und ein paar der Dinge, die ich ausprobiert habe, umsetzen würde, könnte es dadurch dramatisch verbessert werden! Was natürlich daran liegt, dass das Fundament prinzipiell solide ist: Der simple Plot ist in Ordnung (das sich selbst verändernde Tagebuch ist sogar eine wirklich gute Idee), die Struktur der Rätsel ist intakt und technisch gibt es keine riesigen Bugs. Es handelt sich einfach um ein Spiel, das nicht zu Ende ausgestaltet wurde. Es ist also nicht fertig. Mit nur wenig Aufwand für die Tester hätte dem Autoren bereits immens geholfen werden können und schon wäre dies ein Spiel geworden, das gar nicht mal so schlecht gewesen wäre. Klar, wäre es immer noch weit davon entfernt gewesen, diesen Wettbewerb zu gewinnen, aber es wäre unterhaltsam gewesen und, davon bin ich überzeugt, wäre der Vorstellung des Autoren auch viel näher gekommen. Eine Stunde Zeitinvestition für eine Qualitätsverbesserung von vielleicht 500% – das ist doch keine schlechte Quote, oder?

Wenn es dann so gekommen wäre, dass der Autor dagegen die Ratschläge der Tester nicht angenommen hätte, könnten letztere auch mit gutem Gewissen in dem Wissen schlafen, dass es an ihnen nicht lag. Also abschließend an die Autoren: Ihr müsst euch auch helfen lassen.

Reels

Gespielt 2013-10-18: Dieses Spiel landete auf meiner Liste, weil es anders als die anderen Spiele der „Web“-Kategorie einfach nur eine Ansammlung von HTML-Dateien war, die (auf den ersten Seiten) keine clientseitigen Code enthielten. Leider wurde meine Hoffnung enttäuscht: Diese ersten paar untereinander verlinkten Seiten waren nur die Einführung und in diesen gibt es keinerlei Interaktivität, denn es führt letztendlich alles zum gleichen Punkt – es gibt in etwa drei andere Auswahloptionen, aber sie sind funktionslos. Es geht erst dann weiter, wenn man die eine Option auswählt, die der Autor vorgesehen hat. Was auch schon schlechtes Design ist, denn wenn man dem Spieler keine wirkliche Auswahlmöglichkeiten gibt, sollte man sein „Spiel“ auch nicht als „interaktiv“ bezeichnen.

Wenn man dann an diesem intendierten Punkt ankommt, folgt das, was der Autor wohl als das eigentliche „Spiel“ ansieht. Dem Spieler werden Aufgaben mathematischer Basistransformationen gestellt. Beispielsweise fragt einen das „Spiel“, was die Dezimaldarstellung der Zahl „love“ des Zahlensystems der Basis 36 ist. Moment, das soll ein Rätsel sein? Dazwischen gemischt werden ein paar uninteressante Allgemeinbildungsfragen, die sich alle mit Jahreszahlen bestimmter Ereignisse beschäftigen. Tja, auf die Wikipedia. Dies ist kein Spiel. Ach ja, und „natürlich“ war dieser Teil dann auch in clientseitigem Code implementiert, also habe ich aufgegeben. Damit sind wir auch schon am Ende meines diesjährigen Ausflugs in „Web“-„Spiele“ angekommen, bei dem all meine Vorurteile bestätigt wurden.

Mazredugin

Gespielt 2013-10-20: Der Autor stellt seine Intention für das Spiel folgendermaßen dar: „a teen-centered creative work“, „intended to be simple and replayable and hopefully not too moralistic or squishy-feely“. Das findet mein Wohlwollen! Es gibt bereits viel zu viel prätentiösen Blödsinn in „Interactive Fiction“-Zirkeln. Also prüfen wir doch einfach mal den Erfolg dieser Ziele.

„Teen-centered“: Vier Teenager sind auf einer Insel gestrandet (eventuell im Land der Träume). Sie müssen entkommen. Die üblichen Clichétypen (der „Nerd“, der Sportler,…) sind vertreten. Das ist abenteuerlich genug, als in Ordnung.

„Simple“: Die Aufgaben sind erstmal simpel genug. Ihre Durchführung für den Spieler ist es jedoch nicht, was an der schrecklichen Umsetzung liegt. Ein Lagerfeuer zu entfachen und Kisten herumzuschieben war noch nie so kompliziert! Dazu kommt, dass das Spiel niemals konkrete Ziele benennt. Einer der Charaktere schiebt beispielsweise anscheinend Kisten herum, um damit eine Tür zu blockieren, da er Angst hat, es könne Jemand (oder etwas) hereinkommen. Es wäre ja schon nett gewesen, wenn du mir das mal vorher gesagt hättest, liebes Spiel! Tut mir leid, aber in dieser Kategorie gibt es keinen Punkt.

„Replayable“: Auf Basis der Spielerantworten auf ein paar Eingangsfragen über Charaktermerkmale spielt man einen der vier Protagonisten, während die anderen drei zu NPCs werden. Jeder Charakter beginnt mit einer für ihn spezifischen Szene und auch bei den folgenden gemeinsamen scheint es gewisse Unterschiede zu geben. Also haken wir das mal ab.

„Not too moralistic“: Das trifft in dem Fragment, das ich gespielt habe, zu. Insgesamt kann ich es nicht beurteilen, da ich nicht zu Ende gespielt habe.

Man könnte also sagen: zwei, wahrscheinlich sogar drei von vier möglichen Punkten. Trotzdem kann ich das Spiel keinesfalls empfehlen! Die Sache ist, dass es ein einfaches Ausschlusskriterium gibt: Man muss in jeder wichtigen Kategorie zumindest eine ausreichende Leistung bringen, um insgesamt zu bestehen (kennt man doch aus der Schule, oder?). Das Spiel ist einfach viel zu kleinlich und undeutlich, so dass es kaum spielbar ist! Selbst das ins Spiel eingebaute Tippsystem hilft einem meist nicht weiter. In den noch besseren Fällen, bekommt man durch diese Tipps einfach den nächsten Schritt, auf den man selbst niemals gekommen wäre, explizit verraten (was schon blöd genug ist). Im schlechteren Fall beziehen sich die Tipps auf Objekte, die gar nicht existieren und Aktionen, die deshalb gar nicht ausgeführt werden können. Mit zwei verschiedenen Protagonisten habe ich entsprechend aufgegeben, als letzteres passierte, und es mir so nicht gelang, überhaupt auf das Schiff zu gelangen. Die dritte Geschichte gab ich auf, nachdem ich dort tatsächlich an Bord gekommen war, das Ruder mit einem unmöglichen, aus den Tipps abgeschriebenen Befehl repariert hatte, aber dann immer noch ratlos war, wie ich denn jetzt lossegeln könnte – und selbst die Tipps sich ratlos zeigten. Sorry, das macht einfach überhaupt keinen Spaß und so habe ich die vierte Spielvariante überhaupt nicht mehr probiert.

Tex Bonaventure and the Temple of the Water of Life

Durchgespielt 2013-10-21: Tex Bonaventure, die Person, ist ein Abenteurer im Stil von Indiana Jones, der einen alten Tempel zu erkunden gedenkt. Bis zum Tempel hat er sich immerhin schon durchgekämpft, als der Spieler die Kontrolle übernimmt. Im Tempel kommt es dann darauf an, primär seinen Verstand zu benutzen.

Tex Bonaventure, das Spiel, nimmt primär dieses Genre auf die Schippe: Die schwachsinnige Raumaufteilung des Tempels, die Existenz mehrerer Räume, die in einem echten Tempel überhaupt keine Funktion hätten, die wirklich dummen Aktionen des Abenteurers… Dazu kommen Anspielungen auf das Computerspielgenre namens „Adventure“. Zumindest, wenn ich beispielsweise folgendes richtig interpretiere:

Zitat:
[…] Twine is super useful. […] Everybody LOVES twine.

Dieses Spiel ist nicht in Twine geschrieben und es präsentiert sich in einem Stil, der sogar noch viel klassischer ist, als die meisten Parserspiele heutzutage. Soll heißen, dass es eine Reihe abstrakter Rätsel, die sich mit sächlicher Manipulation der Umgebung beschäftigen, eine angemessene Anzahl tödlicher Fallen und logischerweise auch viele Todesarten oder in Sackgassen zu geraten, gibt. Dabei bleibt es aber recht fair.

Auch wenn die Hälfte der Scherze zugegebenermaßen für Insider gedacht sind, gibt es doch auch für nicht einschlägig vorgebildetete, aber offene Spieler genug zu sehen. Es ist ein sehr gut gemachtes Spiel, das ich stolz mit 351 von 142 möglichen Punkten zu Ende gebracht habe – fühlt euch mal ruhig herausgefordert, das zu schlagen!

Threediopolis

Gespielt 2013-10-22: Dies ist im Prinzip ein Kreuzworträtsel, dessen Lösungsmethode darin liegt, aus Bewegungsbefehlen Worte zu bilden, die sich aus kryptischen Beschreibungen ergeben. Ich habe wirklich so überhaupt kein Interesse.

9Lives

Gespielt 2013-10-23: Hierbei handelt es sich wohl um ein Moralstückchen über Verantwortlichkeit und die Konsequenzen menschlichen Handelns. Jede Episode wurde (wohl) von einem anderen Autoren geschrieben. Ich bin über die erste nicht hinausgekommen. Sie war unspielbar: Ich saß in einem sinkenden Rettungsboot. Das Spiel ließ mich nicht schwimmen. Dann sagte mit ein anderer Charakter sogar explizit, ich solle schwimmen, aber es war immer noch unmöglich. Das Spiel (ohne einen Charakter zu bemühen) setzte mit dann eine Pistole an dem Kopf: Ich solle entscheiden, ob ich bleiben oder schwimmen wolle. Ich entschied mich zu schwimmen. Die Eingabe wurde nicht akzeptiert. >QUIT

Nachtrag: Unser freundliches Crewmitglied Herr M. teilt mir mit, der richtige Befehl wäre SWIM ACROSS WATER gewesen statt (was ich versuchte) SWIM oder SWIM TO BOAT oder SWIM ACROSS. Dass es also wohl doch eine Lösung gibt, ändert an meiner Meinung trotzdem nichts.

Coloratura

Durchgespielt 2013-10-24: Coloratura bedient sich einem der klassischen Motive des Horrorgenres: Eine Gruppe Wissenschaftler findet in den Tiefen des Meeres ein Artefakt. Was ihnen nicht bewusst war, ist, dass sie damit auch eine uralte, unbekannte Lebensform mit an die Oberfläche gebracht haben. Diese Lebensform läuft nun auf dem Schiff (also in einem geschlossenen Mikrokosmos) Amok.

Die Besonderheit dieser Geschichte liegt darin, dass sie die Perspektive des „Monsters“ einnimmt. Das natürlich eigentlich nur einen Weg zurück nach Hause finden will, doch die Kommunikation mit den Menschen schlägt fehl. Nicht nur das, auch physische Interaktion ist für den Protagonisten kaum möglich.

Dies schlägt sich in einfallsreichen Raum- und Objektbeschreibungen nieder (die menschliche Welt ist dem Protagonisten natürlich völlig fremd). Die Wahrnehmung (und teilweise auch Manipulation) von Emotionen, die farblich dargestellt werden, spielen eine zentrale Rolle. Wodurch wiederum ein paar interessante Rätsel entstehen.

Doch ebenfalls daraus enstehen auch einige Schwierigkeiten für den Spieler. Ganz konkret stellt das Spiel seinen Protagonisten einfach nicht ausreichend vor. Beispielsweise wird einem nicht explizit beigebracht, welche besonderen Fähigkeiten die Spielfigur überhaupt hat; der Spieler wird dabei alleingelassen, das herauszufinden. Obwohl das Wesen selbst es natürlich längst wissen müsste. Es besteht also eine Wissenslücke zwischen Spieler und Protagonist, die zugegebenermaßen schwierig auf organische Art und Weise zu füllen wäre.

Davon abgesehen ist Coloratura aber schon ein spannendes Experiment, das stellenweise sehr gut funktioniert – auch wenn es wirklich nicht für Anfänger geeignet und in zwei Stunden, wie es für ein Spiel in diesem Wettbewerb eigentlich vorgesehen ist, keinesfalls lösbar ist.

Captain Verdeterre's Plunder

Durchgespielt 2013-10-25: Hier übernimmt man die Rolle des ersten Offiziers eines Piratenschiffs. Das Schiff sinkt. Kapitän Verdeterre (als Ratte beschrieben – was wahrscheinlich wörtlich gemeint ist) möchte, dass man noch schnell möglichst viel Beute zusammenrafft, bevor man sich ins Rettungsboot begibt.

Da das Wasser langsam durch die verschiedenen Decks des Schiffes, auf denen sich die Schätze befinden, steigt, und man so niemals alles an sich bringen kann, ist es somit eine Optimierungsaufgabe. Einige besonders wertvolle Schätze können natürlich nicht einfach mitgenommen werden, sondern sie sind auf die eine oder andere Weise hinter kleinen Rätseln weggeschlossen oder irgendwo versteckt. Wenn man es zum Rettungsboot schafft, bekommt man eine Aufstellung der Werte dessen, was man mitgenommen hat. Es gibt mindestens drei verschiedene Enden: Man wird vom Kapitän gefeuert, man kommt mit dem Geld einigermaßen aus oder man wird reich.

Der lockere Schreibstil gepaart mit der dem Szenario innewohnenden Dringlichkeit funktioniert erstmal. Ein Durchlauf dauert ca. fünf bis zehn Minuten, so dass man mehrfach spielen kann (und sollte), um bessere Resultate zu erreichen. Doch wie jedem Leser, der eine höhere Bildung genossen hat, sicherlich sowieso klar ist, befindet sich diese Optimierungsaufgabe im Bereich der np-vollständigen Probleme – so dass es also keine bessere Lösungsmöglichkeit gibt, als alle Möglichkeiten stumpf auszuprobieren. Jeder Versuch, eine wirklich optimale Lösung zu finden, sind somit zum Scheitern verdammt.

Fazit

Über die Spiele einzeln zu reden ist eine Sache, doch auch der Gesamtblick ist eigentlich immer interessant. Ich habe dieses Jahr 15 Spiele und ein Nicht-Spiel gespielt. Weitere 19 habe ich aus Gründen technischer Nicht-Zugänglichkeit übersprungen. Bedenkt man, dass gerade letztere Spiele häufig mit wenig Aufwand erstellt werden, ist das keine riesige Menge an Teilnehmern, selbst wenn man bedenkt, dass der Wettbewerb ohnehin seit Jahren schrumpft.

Niedrige Qualität?

Letztes Jahr beschwerte ich mich über den besonders ausgeprägte Bereich spielerischen Mittelmaßes. Damit bezeichnete ich Spiele, die prinzipiell in Ordnung waren, aber sich nur wenig einprägten. Dieses Jahr war mein Eindruck nach Abschluss der Liste erstmal anders, allerdings nicht zum Guten. Ich bildete mir erstmal ein, dass der Prozentsatz derjenigen Spiele, die wirklich massive technische Probleme hatten, ein Rückfall in dunklere Zeiten war. Doch nach systematischem Durchzählen hatte ich einfach unrecht: Es lag vielmehr an der zufälligen Reihenfolge, in der ich die Spiele angesehen hatte.

Diese begann sehr stark, mit Ollie und Trapped in Time. Selbst The Paper Bag Princess war ja recht unterhaltsam. Rosewood Street war zwar seltsam, aber auf faszinierende Weise. Further, A Wind Blown from Paradise und Robin & Orchid drangen nicht zu mir durch, aber wirklich schrecklich waren sie nicht (na ja, in unterschiedlichen qualitativen Abstufungen). The Wizard's Apprentice und The Cardew House plagten Unterimplementierungsprobleme. Und es ging weiter abwärts, mit den unspielbaren Mazredugin und 9Lives. Das spaßige Tex Bonaventure und die letzten beiden Spiele, Coloratura und Captain Verdeterre, retteten den Gesamteindruck wieder. Threediopolis lasse ich in dieser Aufzählung mal aus, da ich es nicht in ausreichendem Maße gespielt habe (was ich gesehen habe war jedoch technisch absolut solide).

Was jedoch aus dem üblichen Muster fiel, waren die Spiele, die zwar Betatester nannten (manche sogar eine ganz schöne Liste), aber trotzdem unter sehr offensichtlichen Implementsschwächen litten. In diese Gruppe fallen für mich The Wizard's Apprentice, Mazredugin, 9Lives (ich gehe davon aus, dass die fünf Autoren ja wohl die Episoden der jeweils anderen getestet haben) und Rosewood Street. Letzteres ist vielleicht ein Spezialfall; einige Stellen empfand ich als schlecht implementiert, jedoch könnten es bewusste Designentscheidungen gewesen sein. Bei den ersten dreien gibt es jedoch keine solche Ausrede. Was ist da wohl in der Testphase schiefgelaufen?

Das Problem der Reihenfolge

Es ist immer schwierig zu beurteilen, inwieweit die Reihenfolge, in der man die Spiele angeht, die eigene Bewertung beeinflusst. Dass sie es tut, ist klar und unvermeidbar: Die ersten paar Spiele haben es beispielsweise immer leichter. Sicher hat Ollie, mein Favorit dieses Jahr, auch seine Schwächen – man denke nur an die manchmal etwas langwierigen, manuellen Wiederholungen der immer gleichen Aktionen und das lächerliche hintendrangehängte Ende. Doch selbst wenn man dieses Ende als den größten Schwachpunkt sieht, kann ich immer noch mit gutem Gewissen begründen, warum das Spiel insgesamt besser ist, als die meisten anderen: Die besten Momente in, zum Beispiel, A Wind Blown from Paradise oder Further waren höchstens so „gut“ wie Ollies Ende.

Die Spiele in der Mitte der Liste haben es meist am schwersten. Durch die eher kurze Gesamtliste dieses Jahr, verschob sich dieser Sättigungseffekt eventuell etwas nach hointen. Robin & Orchid und Tex Bonaventure haben eventuell ungerecht darunter gelitten, doch verhindern lässt es sich nun mal nicht.

Leider geht es nicht besser, als sich dieser unschönen Effekte anfänglicher Neugier (positiv) und Übersättigung (negativ) zumindest halbwegs bewusst zu sein, sie zu erklären und euch, die Leser, zu bitten, eure eigenen Eindrücke des hier dargestellten entsprechend dieser impliziten Motivationskurve zu messen. Völlig unabhängig davon, wie man nun die Reihenfolge manuell oder automatisch erstellt, manche Spiele wird es immer unfair treffen.

Voraussagen & Ergebnisse

Da ich weniger als die Hälfte der Kandidaten gespielt hatte, waren es nicht leicht, Vorhersagen zu machen. Ich nahm an, dass viele Spieler praktisch genau die Inverse meiner Liste haben werden, d.h. ausschließlich „webbasierte“ Spiele anschauen würden. Ich ging außerdem davon aus, dass diese Zielgruppe tendenziell unkritischer sein, also im Durchschnitt höhere Wertungen verteilen und damit die entsprechenden Spiele nach oben spülen würde. Doch dazu später. Zuerst meine ursprünglichen Tipps im Vergleich zu den letztendlichen Platzierungen.

Coloratura wird Viele erfreuen. Von den von mir gespielten Spielen gehe ich davon aus, dass dieses am besten abschneiden wird. Die Erzählung wird primär von Charakteren getrieben und erfahrungsgemäß stoßen ungewöhnliche Erzählperspektiven bei Vielen auf Interesse. Ich persönlich fand es nicht so gut wie das erste Spiel dieser Autorin, Divis Mortis, aber ich bin auch sicher, dass es besser als jenes abschneiden wird (DM erreichte 2010 einen respektablen, aber unterbewerteten 11. Platz).

Tatsächliche Platzierung: 1. – Gratulation! Auch ich habe das Spiel hoch bewertet, dass es allerdings wirklich ganz oben abschneidet, könnte auch noch etwas anderes bedeuten: Dass viele Spieler kein schlechtes Gewissen dabei haben, sich großzügig einer Komplettlösung zu bedienen; eigentlich ist es nur so zu erklären, dass die Schwächen des Spiels (wie oben dargestellt) anscheinend keine Wertungssanktionen nach sich gezogen haben.

Robin & Orchid wird gut abschneiden. Die hohe Implementierungsdichte und die Abwesenheit jeglicher Stolpersteine, die ungeduldige Spieler aufhalten könnten, gekoppelt mit dem bekannten Effekt bekannter Autorennamen, werden diesem Spiel gute Noten bescheren.

Tatsächliche Platzierung: 2. Auch wenn ich selbst nicht so richtig mit dem Spiel warm geworden bin, so dass ich es für überbewertet halte, kann ich schon nachvollziehen, woher die sehr guten Wertungen kommen.

Trapped in Time wird ebenfalls gut abschneiden, denn der Autor hat sich bereits in früheren Jahren einen guten Namen gemacht und dadurch werden viele Leute seine formalen Experimente gutheißen. Das gleiche Spiel, wäre es von einem Unbekannten gekommen, wäre sicherlich sehr deutlich in der Wertungsmittelmäßigkeit versunken (unverdient).

Tatsächliche Platzierung: 11. Da habe ich wohl den Kuriositäts- und Nostalgiefaktor überschätzt.

Ollie, auch wenn es mein Lieblingsspiel diesen Jahres war, wird sich vielleicht mit einem unterem Platz im oberen Drittel zufriedengeben müssen. Was ich für seine größte Stärke hielt, die starke Charakterisierung der verschiedenen Kinder, wird auch generell gut ankommen. Die eher rätsellastige Umsetzung des Hauptteils und dass eine längere Passage als Labyrinth gesehen werden könnte, könnte jedoch einigen Meinungsführern sauer aufstoßen.

Tatsächliche Platzierung: 3. Ich hätte es natürlich gerne ganz oben gesehen, aber auch so ist das natürlich ein sehr gutes, verdientes Abschneiden!

Captain Verdeterre wird wohl gut im zweiten Viertel abschneiden. Ich denke nicht, dass sich der Autor jeglicher Illusion hingibt, dass er hiermit den Wettbewerb gewinnen könne. Der unbeschwerte Tonfall wird gut ankommen, aber der fehlende Anspruch wird höhere Wertungsspähren verhindern.

Tatsächliche Platzierung: 4. Auch wenn im Rückblick mein eigenes Eindruck eher negativ war (wie in der zugehörigen Diskussion dargestellt), hat das Spielen schon Spaß gemacht und es ist definitiv ein gutes Zeichen, wenn auch ein weniger ambitioniertes Projekt mal so weit nach oben kommt.

Tex Bonaventure sollte in etwa in der Mitte landen. Es ist ziemlich gut, aber der klassische Abenteuerstil ist einfach nicht mehr besonders „in“.

Tatsächliche Platzierung: 5. In meiner eigenen Rangliste war es natürlich sogar noch weiter oben, aber auch so nehme ich mit Wohlwollen zur Kenntnis, dass althergebrachte Spaßspiele wohl doch nicht so unbeliebt sind.

Für Paradise erhoffe ich mir einen niedrigen Platz, denn es repräsentiert genau das, wie solche Spiele meiner Meinung nach nicht sein sollten. Protziger Pseudoanspruch wird von vielen Abstimmenden jedoch belohnt.

Tatsächliche Platzierung: 28. Ich lag völlig daneben. Wahrscheinlich bin ich manchmal einfach zu zynisch.

Paper Bag Princess sollte in etwa in der Mitte landen, aber die Vorhersage fällt mir schwer. Es könnte bei (erwachsenen) Menschen gut ankommen, die das Originalbuch aus Kindertagen kennen.

Tatsächliche Platzierung: 17. Ein mittlerer Platz, wie gedacht.

Further wird wohl so im oberen Bereich des unteren Drittels landen. Es steckt einfach nicht genug drin, weder inhaltlich, noch spielerisch.

Tatsächliche Platzierung:: 21., in etwa wie vorhergesagt.

Threediopolis beschäftigt sich mit dem beliebten Thema Sprachmechanik, aber wahrscheinlich ist es zu abstrakt. Ich gehe von einer eher schlechten Platzierung aus.

Tatsächliche Platzierung: 7. Ein wirklich schlechter Tipp meinerseits. Gratulation, das Thema ist viel besser angekommen als ich dachte!

Rosewood Street wird schlecht abschneiden. Einerseits ist das durchaus verdient, da das repetitive Spielprinzip einfach schrecklich öde ist. Andererseits, wenn es einem mehr auf Ambition ankommt, verdiente es mehr.

Tatsächliche Platzierung: 16. Ich hätte es noch weiter unten befürchtet, d.h. ich bin recht glücklich damit, dass es wohl doch ausreichend viele Menschen gab, die über die offensichtlichen Schwächen weggesehen haben.

Reels, das wird schwierig… wird wohl unten landen. Abstrakte Rätsel ohne Plot dahinter werden normalerweise nicht besonders positiv aufgenommen.

Tatsächliche Platzierung: 35. (letzter Platz). Was mir nicht bewusst war ist, dass das Spiel sogar nur in einem speziellen Browser funktioniert. Na ja, mit sowas bricht man sich natürlich das Genick.

Mazredugin ist schwierig einzuschätzen. Der wenig prätentiöse Plot (soweit ich es gespielt habe) zusammen mit spielerisch doch deutlichen Schwierigkeiten werden wohl eine gute Platzierung verhindern.

Tatsächliche Platzierung: 28. (zusammen mit Paradise). Klingt für mich angemessen.

The Wizard's Apprentice ist in einem altmodischen Stil gemacht, den von der Zielgruppe dieses Wettbewerbs nicht mehr viele mögen. Es wird wohl ziemlich weit unten landen.

Tatsächliche Platzierung: 23. Ein bisschen besser als gedacht, ein bisschen schlechter als verdient.

The Cardew House wird wohl noch unter Wizard's Apprentice landen. Die meisten Juroren geben schnell auf (und vergeben eine „1“, d.h. die schlechteste Wertung), sobald sie auf den ersten formulierungstechnischen Stolperstein stoßen, und dieses Spiel hat mehr als genug davon.

Tatsächliche Platzierung: 32. Sehr weit unten, wie erwartet, obwohl es ehrlich gesagt so schlecht gar nicht war.

9 Lives hat Chancen auf den letzten Platz. Schul- und Uniprojekte sind meist weit abgekoppelt davon, was in der „Szene“ erwartet wird. Das Spiel hat ein moralisierendes Thema, was sehr beliebt ist, aber es bestätigt jedes negative Vorurteil, was die Spielmechanik angeht. Es ist ja toll, dass es Lehrer gibt, die ihre Schüler an Themen interaktiver Erzählungen heranzuführen versuchen und man muss es wahrscheinlich schon als Erfolg sehen, dass überhaupt etwas „Fertiges“ herausgekommen ist. Programmieren zu lernen und dabei gleich im ersten Versuch ein gutes Spiel zu machen, klappt fast nie. Es liegt aber in der Natur von Schulprojekten (so habe ich es jedenfalls erlebt), dass sie eigentlich niemals dem Status einer Übungsaufgabe entwachsen. So fängt eben jeder mal an, aber meist veröffentlicht man sowas eben einfach nicht. Meine eigenen ersten programmiertechnischen Gehversuche waren viel schlechter. Also gebt nicht auf!

Tatsächliche Platzierung: 30. Wir wissen schon, warum.

Insgesamt waren meine relativen Einzeltipps sogar ziemlich akkurat (mit wenigen Ausnahmen). Meine allgemeinen Annahmen über das unterschiedliche Abstimmungsverhalten für Choice-Spiele haben sich dagegen als abgrundtief falsch erwiesen. Weder wurden sie wertungstechnisch nach oben geschwemmt (keines dieser Spiele hat es in die Top 5 geschafft), noch haben sie überhaupt eine größere Anzahl Stimmen bekommen.

Letzteres ist wirklich überraschend. Es wird meist angenommen, dass die Einsteigsbarriere bei solchen Spielen niedriger liegt als bei Parser-Spielen. Das mag sogar stimmen, aber es schlägt sich bislang nicht in der Abstimmung nieder. Ein möglicher Grund könnte darin liegen, dass es keine Möglichkeit gibt zu messen, wie ernst und lang ein Spiel überhaupt gespielt wird. Vielleicht ist es einfach so, dass Spieler, die sich auf Parserspieler einlassen, dann zu einem guten Prozentsatz auch bereit, es danach ausreichend zu reflektieren und auch eine Wertung zu vergeben. Mal schnell ein paar Klicks in einem Multiple-Choice-Spiel zu machen ist natürlich einfach, aber wie gut setzt sich das im Gedächtnis fest? Die Bindung des Spielers könnte sich im Durchschnitt tatsächlich umgekehrt proportional zur Einstiegshürde verhalten.

Natürlich mag es genausogut ganz platt daran liegen, dass diejenigen Spieler, die sich traditionell für Parserspiele erwärmen können, bereits auf der Webseits des Wettbewerbs registriert sind und die Multiple-Choice-Fans nicht. Auf jeden Fall hat die erwartete große Explosion in diesem Jahr nur bezüglich der Quantität stattgefunden; den Wettbewerb auf den Kopf gestellt haben diese Spiele bislang nicht. Überhaupt nicht.

Abschließende Worte

Wie üblich möchte ich zum Schluss nochmal das Wichtigste betonen, das leider allzu leicht untergeht: Es gibt eine Zukunft für all eure Spiele nach Ende des Wettbewerbs!

Egal, wie fies ich vielleicht über das eine oder andere Spiel war, freue ich mich doch über eine neue (erweiterte oder gefixte) Version eines jeden. Natürlich bekommen Folgeversionen nicht mehr die automatische Aufmerksamkeit wie zu Zeiten des Wettbewerbs selber, aber bedenkt, dass sie dafür auf Jahre verfügbar bleiben wird. Über die Zeit summiert sich das, so dass mehr Menschen die Spiele nach dem Wettbewerb spielen werden als währenddessen. Wie möchtet ihr, dass diese Gruppe euer Spiel erlebt? Vielleicht gibt es da ja doch noch Verbesserungspotential? Vielleicht hat das Feedback von all den Seiten, die sich in den vergangenen Wochen mit den Spielen beschäftigt haben, ja auch hilfreich.

Vielen Dank an all die Autoren und natürlich auch ihre Ratgeber und Tester – ihr habt uns mal wieder eine schöne Zeit bereitet!

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