Dominus
für PC (DOS)

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Mr Creosote:
Firma: Visual Concepts / U.S. Gold
Jahr: 1994
Genre: Strategie
Thema: Apokalypse / Krieg / Schwerter & Magie
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 11580
Rezension von Mr Creosote (31.12.2016)
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Wenn wir eines aus der Menschheitsgeschichte gelernt haben sollten, dann ist es, dass auch scheinbar allmächtige Imperien irgendwann zerfallen werden. Ihre Macht fußt auf zahlreichen psychologischen Faktoren. Darunter die Uneinigkeit der Völker, über die sie herrschen. Schließen sich diese zusammen ist das satte, müde und übermäßig bürokratische Imperium plötzlich gar nicht mehr so unbesiegbar.

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Die stark auf Konventionen ausgeprägte Denken der Computerspielgenre lässt einen natürlich sofort vermuten, dass man vor einem solchen Hintergrund im Spiel die Rolle der „Rebellen“ übernähme. Was auch Sinn ergibt, denn diese haben die Initiative, was erstmal potentielle Belohnungsmomente verspricht. Die Gegenrolle des Verteidigers wirkt nicht besonders vielversprechend. Beginnt man das Spiel auf dem Höhepunkt seiner Macht, kann es ja nur noch abwärts gehen.

Dominus ist eines der seltenen Spiele, die einen in diese undankbare Rolle zwingt. Das Spiel zu „gewinnen“ bedeutet in diesem Fall, nicht allzuviel zu verlieren. Wie kann man daraus Spaß ziehen? Wenn man man darüber nachdenkt, entdeckt man schon eine interessante strategische Komponente darin. Die Taktiken zur Verteidigung sind völlig anders als diejenigen, derer man sich üblicherweise in der Angreiferrolle bedient.

Spieltechnisch stellt es sich so dar, dass das bedrohte Reich auf einer schön anzusehenden Übersichtskarte gezeigt und in Sektoren unterteilt wird. Die vormals verfeindeten Angreifer schicken ihre Plündertrupps, um sich einen Teil des Reichtums einzuverleiben. Zuerst sind die Randgebiete, die vorwiegend landwirtschaftlich geprägt sind, dran. Dieser äußere Ring ist logischerweise sehr groß und die beschränkten zur Verfügung stehenden Milizen reichen nicht aus, ihn komplett abzusichern. Danach kommen die Dörfer dran. Fallen auch diese an die Feinde, werden auch stärkere Verteidigungsanlagen zu zielen. Verteidigungsring für -ring gerät in die Hände der Invasoren bis sie schließlich die riesige Festung infiltrieren, in der man sich zum Endkampf verschanzt.

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Wobei es dazu natürlich gar nicht zwingend kommen muss, da der Spieler auch nicht wehrlos ist. Eine Monsterarmee steht ihm zur Verfügung. Vier Generäle können sie befehligen. Doch reicht die schiere Masse einfach nicht, alle zunehmenden Überfälle abzuschmettern. Und die Monstersoldaten kämpfen auch nicht mal besonders effizient.

Das Spiel wird also zum Balanceakt zwischen kurzfristigem Aktionismus (diesen speziellen Plündertrupp verscheuchen) und langfristiger Strategie (Ausbau der Verteidigungsfähigkeit). Beispielsweise kann der Spieler Fallen konstruieren und verteilen sowie Magie einsetzen, um die gegnerischen Armeen zu schwächen, jedoch muss das dafür jeweils notwendige Material erstmal beschafft werden. Wie viele Soldaten stellt man für solche Aufgaben ab? Wissend, dass man sie dann solange nicht kämpfen lassen kann. Wobei man wiederum bedenken muss, dass wenn bestimmte Sektoren verloren gehen, der Zugang zu den natürlichen Ressourcen komplett abgeschnitten wird, was einen langfristig gesehen wieder schwächt.

Eine weitere sehenswerte Funktion ist eine krude Gentechnik, die man mit den Soldaten selbst vornehmen kann. Verfügbare Monster können magisch miteinander verschmolzen werden, um damit neue Mutanten zu erzeugen, die die Stärken mehrerer Arten kombinieren und somit langsam die Schwächen aus dem Genpool ausmerzen können.

Doch letztendlich wird selbst all das natürlich nicht ausreichen, solange die Feinde sich einig bleiben. Dies behandelt die letzte große Spielfunktion: Anstatt sie zu töten, kann man gegnerische Soldaten auch versuchen gefangenzunehmen, um sie zu befragen. Je nach Verhörstrategie bekommt man mehr oder weniger neue Informationen zur Kriegsstrategie, Zielen, ihrem Verhältnis zu anderen Kriegsparteien… Wissen, das eventuell gepflegt gegen diese benutzt werden kann. Beispielsweise könnte man erfahren, dass eine bestimmte Partei panisch auf einen bestimmten Monstertyp reagiert. Also schickt man ihnen doch genau diese entgegen und erhöht so seine Effizienz dramatisch. Oder man säht sogar selbst weiteren Misstrauen in der Allianz der Feinde…

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Schlachten finden weitgehend automatisch statt. Der Spieler kann selbst Kreaturen absetzen, die dann autonom handeln. Durch Zaubersprüche kann direkt Einfluss auf den Kampfverlauf genommen werden. Wird's richtig brenzlig kann man sogar seinen eigenen Avatar per magischem Streitwagen einfliegen. Diese Figur kann dann tatsächlich ganz direkt gesteuert werden und sie ist stark; doch wenn sie im Schlachtgetümmel ums Leben kommt, ist das Spiel endgültig verloren. Diese ganze Automatisierung ist notwendig, da das Spiel in Echtzeit stattfindet und wenn man nicht gerade in seine Zitadelle zurückgedrängt wurde, hat man gar nicht die Zeit, sich um alle Schlachten gleichzeitig zu kümmern.

Insgesamt gelingt es Dominus also, die ungewohnte strategische Rolle interessant zu gestalten. Das hektische Spielprinzip sorgt für einigen positiven Stress, vor allem am Spielbeginn. Doch natürlich hat es auch seine Grenzen.

Beispielsweise hätte man das Züchten der Monster noch viel weiter treiben können. Es funktioniert leider nicht „rekursiv“: Neugeschaffene Mutanten können nicht dadurch weiterentwickelt werden, sie wiederum in einem folgenden Schritt mit weiteren Kreaturen zu kombinieren. Zehn Monster-Basistypen und bis zu sechs „Slots“ ermöglichen bereits eine sehr große Anzahl möglicher neuer Kreaturen, aber es ist weit davon entfernt, prinzipiell unendlich zu sein. Und, wenn die Möglichkeiten schon zählbar beschränkt sind, warum haben dann nicht zumindest alle Varianten ihren individuellen Sprite?

Dazu kommt die sich immer gleiche Art der Verhöre. Die Gefangenen zeigen kaum individuelle Persönlichkeit und so kann man, sobald man einmal den perfekten Weg durch den Dialog gefunden hat (d.h. den Pfad, der einem am meisten Nutzen bringt), diesen einfach immer und immer wieder bei dieser Gruppe anwenden – aber trotzdem muss man das immer und immer wieder manuell durchführen, was somit schnell zur lästigen Routineaufgabe wird.

Davon abgesehen macht Dominus jedoch wenig falsch. Das originelle Spielkonzept stimmt generell gnädig gegenüber kleineren Schwachstellen in der Umsetzung. Wer schon immer mal wissen wollte, wie sich der Computer fühlt, wenn er gegen einen selbst in anderen Spielen antritt, ist hier richtig! (D.h. wenn Computer Gefühle hätten…)

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