KULT: The Temple of Flying Saucers
für PC (EGA)

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LostInSpace:
Firma: Exxos
Jahr: 1989
Genre: Adventure
Thema: Sonstige Fantasy / Science Fiction
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 9744
Rezension von LostInSpace (19.06.2017)
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Untypisch für ein Adventure taucht der eigene Charakter nicht am Bildschirm auf. Stattdessen gibt die aktuelle Ansicht die Perspektive des Spielers wieder. Der Blickwinkel ist jedoch nicht an die Größenverhältnisse angepasst, da die anderen Figuren nur sehr klein dargestellt werden. Durch das Fehlen eines direkten Identifikationsobjektes in Form eines eventuell sogar animierten Sprites wird man vom aktiven Spieler zu einem Beobachter degradiert. Man hat nicht das Gefühl die einzelnen Schauplätze zu betreten, sondern sie nur über die logische Verknüpfung der Passagen auszuwählen. Der Effekt wird dadurch verstärkt, dass der Übergang zwischen den Räumen abrupt erfolgt und zusätzlich an manchen Stellen den neu betretenen Raum aus einer völlig veränderten Perspektive zeigt.

Man trifft auf völlig bizarre Wesen und Strukturen aus einer religiös priesterlich gesteuerten Echsenwelt, die eine eigene Realität vermitteln wollen. Hier darf man nun über ein kompliziertes interaktives Gehirnsymbol und eine Menüleiste rumexperimentieren. Mit viel Geduld oder am Besten gleich mit einem Guide löst man die abstrusen Rätsel, die jedem noch so abwegigen Monkey-Island-Puzzle Hohn sprechen.

Man trifft auf eine alte Mumie, die wieder zum Leben erweckt wird. Man sieht ein rituelles Opfer auf dem Altar des Gottes Deilos. Man entlarvt zu guter Letzt auch den Kopf hinter den ganzen Grausamkeiten namens Protizm Harssk. Aus dessen Klauen befreit man als echter selbstloser Held die eigene Geliebte Sci-Fi und bringt den Bösewicht zur Strecke. Man reitet zwar nicht mit einem Pferd in den Sonnenuntergang, aber mit einem Raumschiff in die Ferne der Galaxie.

Die Story bleibt also trotz dem fantastisch-exotischen Ambiente offenbar erstaunlich flach.

Das Spiel setzt bewusst auf überzogene Andersartigkeit, die mir als geneigtem Spieler eine große Menge an Einfühl- und Vorstellungsvermögen abverlangt hat. Ohne die Story wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass es sich um ein post-apokalyptisches Szenario handeln soll. Man hat eher den Eindruck, auf einem fremden Planeten gelandet zu sein. Es gibt fast nichts, was menschlich ist. Außer vielleicht der Händler bzw. Changer, der mit Hilfe des – in den 90ern von osteuropäischen Banden in Fußgängerzonen angebotenen — Hütchenspiels die verhandelte Komponente übergibt. Zum Glück spielt der Zufall aber insgesamt eine untergeordnete Rolle. Die Kämpfe gewinnt man eigentlich automatisch, sofern man die richtigen Waffen einsetzt. Bis jetzt ist dieser Ausbruch an Kreativität noch zu verschmerzen.

Aber um Himmels willen, was macht in der oberen linken Ecke dieser Fötus? Damit verschiebt sich das Spektrum langsam aber sicher in Richtung Geschmacklosigkeit. Dieses Wesen namens Gauss ist die telepathische Verbindung zu dem neuronalen Netz der menschlichen Tuner, die mit ihren Psy-Kräften über den normal sterblichen Menschen stehen. Es gibt Wortfetzen wieder, die nur bei Aussprache einen wörtlichen Sinn ergeben. Von manchen Rezensionisten wird an dieser Stelle der schwarze Humor dieser Figur gelobt. Dem kann ich mich nicht anschließen. Für mich ist hier ein Punkt erreicht, an dem sich die mühsam erdachte Atmosphäre in dem Echsentempel letztendlich in ein zur Sinnlosigkeit neigendes Kuriositätenkabinett verwandelt.

Derart verunsichert stelle ich außerdem fest, dass die Grafik der PC Version nicht im Entferntesten an die ursprüngliche Amiga-Variante heranreicht. Die Farbgebung im EGA-Modus ist teilweise zu grell und kontrastreich ohne fließende Übergänge. Es gibt sogar einen offensichtlichen Fehler in der Programmierung, der eine bestimmte Farbe nur transparent darstellt. Die dadurch entstehenden weißen Pixel können laut einer Quelle im Internet über einen Patch entfernt werden.

Die Soundkulisse ist ein science-fiction-artiges Gebrumme und Gepiepe wie aus einem überdimensionalen Spielautomaten. Ein erkennbares zusammenhängendes Musikstück zur Untermalung fehlt allerdings.

Das französische Entwicklerteam hat das Game marktgerecht zuerst in 3 Sprachen (Französisch, Englisch und Deutsch) und für 3 Systeme (Amiga, Atari, DOS) produziert, bevor ein Jahr später mit einem neuen Publisher unter einem anderen Titel (Chamber of the Sci-Mutant Priestess) der amerikanische Markt bedient wurde. Die deutsche Übersetzung ist sehr professionell durchgeführt, wie auch das Spiel im Ganzen in Punkto Professionalität absolut nichts falsch gemacht hat. Kritik verdient die völlig überdrehte, teilweise wahnwitzige Ausgestaltung eines eigentlich vielversprechenden grafischen Konzepts, die offenbar über die wenig erbauliche Qualität der Puzzles und die unglaubhafte Story hinwegtäuschen soll.

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