Genetic Species
für Amiga (AGA)

GS_Front_CD_Cover.jpg
Mr Creosote:
Firma: Marble Eyes / Vulcan
Jahr: 1998
Genre: Action
Thema: Science Fiction
Sprache: English, Deutsch, Italiano, Francais etc.
Lizenz: Freeware
Aufrufe: 6663
Rezension von Mr Creosote (10.10.2017)
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Wer machte denn bitte noch kommerzielle Spiele für den Amiga im Jahr 1998? Es überrascht wohl niemanden, dass von Genetic Species weltweit nur ca. 3 Exemplare verkauft wurden. Im Rückblick ist das natürlich recht gleichgültig, wenn es denn immerhin ein gutes Spiel ist. Denn wie viele gute 3D-Shooter gab es denn bitte auf dem Amiga vor 1998? Einen? Screenshots und Videos dieses Spiels legen immerhin nahe, es könne sich um einen neuen Spitzenreiter handeln.

Und tatsächlich sieht Genetic Species viel besser aus, als die meisten Genrevertreter auf diesem System. Selbst wenn man die Auflösung heruntersetzt und auch noch ein paar der Texturen abschaltet, was notwendig ist, um das Spiel auf einem Mittelklasseamiga wie meinem flüssig zu bekommen, sieht es immer noch ganz gut aus. Die Texturen sind scharf, nicht zu viele Kanten und vielleicht am Signifikantesten ändert sich der generelle Stil mit großer Regelmäßigkeit. Die Lichteffekte – von abgefeuerten Waffen oder flackernden Deckenlampen – gehen wirklich in Ordnung. Die Explosionen sind sogar wirklich sehenswert. Natürlich je mehr, wenn man eine hochgezüchtete Maschine sein Eigen nennt (68040 oder 68060 plus Grafikkarte).

Spielerisch bewegt man sich in den bekannten Bahnen: Man streift durch dreidimensionale Irrgärten, öffnet Türen mit farbigen Schlüsselkarten oder Schaltern und ballert Gegner ab. Wobei letztere sich nicht nur stumpf auf den Spieler stürzen, sondern ihn einigermaßen auszutricksen versuchen, indem sie aus verschiedenen Richtungen angreifen oder sich auch mal taktisch auf eine bessere Position zurückziehen, wenn es für sie nicht gut aussieht. Die Lenkung des Spielers durch verschlossene Türen ist andererseits eventuell etwas zu stark geraten, da gleich die meisten Türen erstmal verschlossen sind.

Wiederum schön daran ist, dass Tür nicht gleich Tür ist. Man durchschreitet auch Luftschleusen, große Tore… was meist effektiv keinen Unterschied macht, aber immerhin designtechnisch Abwechslung reinbringt. Was überhaupt generell für die Levels gilt. Generische, austauschbare Gänge findet man kaum, sondern bewegt sich in immer neuen „besonderen“ Abschnitten. Einzig das Hoch und Runter vermisst man – der Boden ist überall flach.

Als kleine Besonderheit verspricht Genetic Species ein Minispielchen in Stile Paradroids. Der Protagonist kann die Körper aller Gegner übernehmen und in deren Haut weiterspielen. Wodurch man dann Zugriff auf jeweils andere Waffen bekommt. Wobei allerdings diese Gegner erst betäubt werden müssen, ohne sie zu töten. Kein typischer Status in einem 3D-Shooter. Insgesamt bleibt diese Funktion ehrlich gesagt ein ziemlich reines Gimmick.

Soweit mag es trotzdem klingen, als müsste Nemac IV um seine Krone fürchten. Grafik und Sound sind klar besser und andere Unterschiede sind reine Geschmacksfragen (das Suchen nach Waffen und Schlüsseln gegenüber den Vereinfachungen Nemac IVs). Also sollte Genetic Species der beste 3D-Shooter auf dem Amiga sein. Es kommt immerhin nahe. Wären da nicht zwei Haken.

Erstens gibt es kein (benutzbares) Automapping. Entsprechend leicht verläuft man sich in den meist dunklen Umgebungen. Zweitens gestaltet sich das Inventarmanagement schnell nervig. Nur drei Objekte (inklusive Schlüssel und Waffen) können gleichzeitig getragen werden. Wenn die Schusswaffe den ersten Platz, ein paar Granaten den zweiten und der Tazer zur Betäubung der Gegner den dritten einnimmt, dann kann man die rote Schlüsselkarte eben nicht mehr mitnehmen. Was nun? Genau, man „darf“ also nach Öffnen der Tür wieder zurücklaufen und das zurückgelassene Objekt wiederholen, was den Spielfortschritt unnötig verlangsamt.

Keine dieser Designentscheidungen ist nachvollziehbar. Soll es dadurch irgendwie realistischer werden? Warum kann dann bitte dieser „BioShifter“ mit all seinen Fähigkeiten nicht einfach auch seine Umgebung erahnen? Warum hat keiner der übernehmbaren Körper Taschen? Warum braucht jedes Objekt gleich viel Platz? Nein, es ergibt einfach keinen Sinn.

Für Hardcorefans mögen solche Beschränkungen sicher akzeptabel. Insofern ist Genetic Species ein sehr empfehlenswertes Spiel. Seine Qualitäten sowohl im Technischen, als auch Spielerischen, liegen auf der Hand. Es hat das gewisse Etwas, immer nur noch schnell diesen einen Korridor erkunden zu wollen (und dann noch einen und noch einen…). Rein spielerisch plagen es aber eben diese zwei konzeptuellen Probleme. Man möge selbst entscheiden, was einem wichtiger ist.

Technisches: Diese Version wurde 2001 als Freeware veröffentlicht und läuft direkt von der Festplatte. Die CD-Audiotracks fehlen, aber dafür sind alle Patches bereits dabei. Man muss das Archiv nur entpacken und dann (wenn nötig) die mitgelieferten Bibliotheken installieren. Schließlich mappt man GENETICS: auf die Schublade des Spiels, beispielsweise in der startup-sequence:

Code:
Assign >NIL: GENETICS: Workbench:Games/GeneticSpecies

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