DADD: Der Aufstand der Dinge
für PC

LostInSpace:
Weitere Titel: Jack Flash: Mutiny of the Things
Firma: VGA
Jahr: 1994
Genre: Action
Thema: Cartoon & Comic / Humor
Sprache: Deutsch
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 10737
Rezension von LostInSpace (27.06.2019)
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Der Titel Der Aufstand der Dinge macht sofort neugierig, weil man sich im ersten Moment nichts darunter vorstellen kann. Denn Dinge sind naturgemäß nicht lebendig oder zetteln gar einen Aufstand an. In einem als Zeitungsinterview angelegten Vorspann erfahre ich vom Helden der Geschichte namens Jack Flash, der mit der sogenannten Succ-O-Matic den zum Leben erweckten Dingen ihre überschüssige Energie entziehen will.

Doch von vorne: Ein gewisser Prof. Dr. Ing. E. Eddison – auch kurz Evil Eddi genannt – seines Zeichens der verrückte Professor, hat bei Versuchen mit Energiegeneratoren Dinge des Alltags zum Leben erweckt: Schuhe, Gebisse, Bügeleisen, Bleistifte, Schneemänner, aber auch Kürbisse, Möhren, Sonnenblumen und noch viel mehr. All diese Dinge wollen nun ihre eigene unabhängige Stadt mit dem passenden Namen Dingstown inmitten dieses schönen Landes errichten. Im Auftrag der Regierung macht sich Jack Flash auf, die wildgewordene Horde zu zügeln und die von ihnen in jedem Level installierten lebensnotwendigen Energiegeneratoren zu zerstören. Im Notfall kann er die angriffslustigen Gegenstände mit seiner Succ-O-Matic auch in eine Wolke aus lauter Einsen auflösen. Wieso explodiert der Gegner in viele Einsen, wird man sich fragen. Vermutlich ist diese Animation eine Anspielung auf die digitale Herkunft der Dinge, also eine Art Rematerialisierung in Nullen und Einsen. Anscheinend stand eine kindgerechte Präsentation im Vordergrund. Da darf natürlich kein Blut fließen oder gar die Fetzen fliegen. So ist man eben auf die Einsen verfallen. Allgemein ist die grafische Aufmachung eher verspielt ja geradezu possierlich und wirkt auf Kinder sicherlich aufmunternd. Das Übrige tragen noch einige schlichte Soundtracks dazu bei, die angenehm eingängig das lustige Gehüpfe begleiten. Da die einzelnen Musikstücke jedoch relativ kurz sind, bohrt sich die Melodie irgendwann Mantra-artig in jedes noch so Kindergeschrei-erprobte Ohr und führt zu einem nicht enden wollenden Ohrwurm. Leider kann man die Spielegeräusche nicht von der Hintergrundmusik getrennt regulieren, so dass man schließlich genervt den kompletten Sound abdrehen muss.

„In der Ruhe liegt die Kraft“ sagt man sich da und kann sich zu Beginn der Säuberungsaktion erstmal eine von vier verschieden gestalteten Episoden aussuchen: Fabrik, Natur, Eis, Space. Jede Episode hat jeweils 5 Level, die einen behutsam ansteigenden Schwierigkeitsgrad bieten. Das Besondere am Level-Design ist der quadratische Aufbau. Aus landläufigen Jump'n'Runs kennt man einen länglichen, größtenteils in gerader Linie horizontal verlaufenden Levelaufbau. Doch Jack Flash bewegt sich in einem riesigen quadratisch angelegten Feld und kann demzufolge genauso weit nach unten fallen, wie er an den rechten respektive linken Rand wandern kann. Dadurch wird man häufig mit Aufzügen und später sogar mit Teleportern konfrontiert, um an verschiedene Ecken im Spielfeld zu gelangen. Das Ziel der Suche – der Energiegenerator – ist nicht einfach zu finden. Dies ist nicht nur der Größe des Levels, sondern auch einem teilweise sehr verzwickten Aufbau zu verdanken. Planung ist das A und O und deswegen hat Jack Flash eine Kamera im Gepäck, die er freischwebend durch das Level steuern kann. Das Bild der Kamera erscheint auf Bildschirmen, die an verschiedenen Stellen großflächig in der Plattformebene eingebettet sind. Leider ist der dort sichtbare Bildausschnitt zu klein, so dass man trotzdem keinen effektiven Überblick bekommt. Außerdem findet Jack Flash auch ab und zu kleine gelbe Buchstaben, „i“s, die ihm Auskunft über die Lage der verbliebenen Gegner und der noch nicht eingesammelten Items geben. Diese Info ist durchaus sinnvoll, denn bei 100-prozentiger Auslöschung der Gegner oder dem Einsammeln sämtlicher Items bekommt Jack Flash ein Extraleben von der Regierung spendiert. Verzichtet man hingegen auf diesen Anreiz und wählt die kürzeste Route, kann man durch Überspringen oder Umgehen von Gegnern zusätzlich eine Menge Zeit sparen. Denn durch den Verzicht auf die Eliminierung der Dinge, braucht man die Succ-O-Matic-Waffe nicht dauernd an den Convertern aufladen. Die entsprechende Kenntnis des Levels durch vorherige Erkundung ist in diesem Fall natürlich Voraussetzung. Das Spiel schreit also geradezu nach einem Speedrun!

Ein Grund dafür, dass sich die Hardcore-Gamer nicht schon lange auf dieses Spiel gestürzt haben, mag die verbesserungswürdige technische Umsetzung sein. Einerseits hat man niedliche Animationen zusammen mit einem 3D-mäßigen Parallax-Scrolling in der grafischen Königsklasse des VGA-Modus auf den Bildschirm gezaubert. Die Sprungmanöver von Jack Flash gelingen gut getimet und pixelgenau. Aber sobald mehrere Gegner auf dem Bildschirm sind, kommt das Spiel teilweise ins Stocken und auch das Parallax-Scrolling ruckelt an einigen Stellen. Darüber hinaus ist die Kollisionsabfrage ein bisschen zu schwammig und nicht wirklich crisp. Das ist Gift für einen echten Gamer, den schon ein kleines Haar auf der Mausunterlage zum Wahnsinn treibt.

Zum Glück wurde das Spiel zu seiner Zeit als Shareware vertrieben und konnte 30 Tage kostenlos mit einer frei zugänglichen Episode vor dem Kauf ausführlich getestet werden. Ein Vertriebsweg, die diesem Spiel sicherlich gut zu Gesicht steht. Denn trotz recht großer Level ist das Spiel sicher kein Vollpreis-Titel und will das auch gar nicht sein. Stattdessen hat man sich an die erfolgreichen Vorbilder der Shareware-Branche gehalten: das Logo der Entwickler CAPS Software erscheint im Hintergrund auf Heißluftballons oder Zeppelins gemalt, wie von Apogee oder Epic vorgemacht. Den Sprung über den großen Teich hat man dann in dem deutschen Softwarehaus auch geschafft und die Spiele zusammen mit dem Publisher MVP Distribution Network zum Beispiel auch im BBS weltweit verbreitet und verkauft. Seit Anfang der 90er erschienen unter diesem Label einige eher der Shareware-Szene bekannte Titel. Mittlerweile ist dieser Publisher nicht mehr existent, hat aber im Internet seine ganze Palette an Shareware-Spielen als registrierte Version zum Download freigegeben (Link siehe unten). Sicherlich eine Fundgrube für Sucher nach obskuren Softwaretiteln. Dort findet man auch Jack Flash: Mutiny of the Things, wie das getestete Spiel in seiner englischen Version getauft wurde.

Wer aber nicht lange suchen will, greift hier gleich zu. Denn trotz einiger ruckeliger Passagen ist das Gameplay flüssig genug und bietet vorwiegend kindlichen Gemütern eine Weile Spaß, ohne zu fordernd oder anspruchsvoll zu sein. Beim Entwurf der niedlichen Figuren und Grafiken hat man vielleicht einen Seitenblick auf den Klassiker Commander Keen riskiert. Aber das Ergebnis ist keineswegs ein Plagiat, sondern absolut sehens- und staunenswert.

Kommentare (2) [Kommentar schreiben]

Mr Creosote:
Ein etwas seltsamer Plot, oder? Eine ausgegrenzte Bevölkerungsgruppe möchte gerne ihre eigene Gesellschaft aufbauen und dann wird erstmal das Tötungskommando vorbeigeschickt? Und auch noch als Held des Spiels bezeichnet? :confused:
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