Battle Bugs kam zu einer seltsamen Zeit heraus. Oder andersherum hätte es wohl niemals so richtig in die Zeit gepasst. Einerseits hatte es so einige Ähnlichkeiten mit der damals beginnenden Echtzeitstrategiewelle, doch selbst auf den ersten Blick wollte es sich auch dort nicht wirklich einfügen. Und je mehr man es spielte, desto klarer wurden, wie weit dieses Spiel seine eigenen Wege geht, und dabei Pfade eröffnete, die auch seitdem nur noch selten betreten wurden. Wobei es trotzdem einen bleibenden Einfluss in vielen kleinen Details hatte.
Doch nochmal zurück auf Los. Es herrscht Krieg! Die heldenhaften Armeen von US befinden sich im tödlichen Kampf gegen die verwegenen Bösewichte von THEM. Nachlässige Beobachter mögen denken, einzig die Farbe der Helme unterscheidet US von THEM, doch dahinter steht selbstverständlich der ewige Kampf gut gegen böse. Da es sich bei beiden Parteien um Insekten handelt, dreht sich die Konkurrenz um Lebensraum im Garten und Nahrungsressourcen. Die selbstverständlich rechtmäßig alle US gehören! Ein ironischer Blick auf tödliche Konflikte mitten in den ultra-militaristischen 90er Jahren? Wow!
Epyx stemmte sich noch weiter gegen den Zeitgeist, indem sie sich selbst (und damit dem Spieler) den Aufwand großer Zwischensequenzen in 3D oder mit echten Schauspielern ersparte. Nichteinmal ein solches Intro findet man. Immerhin gibt es Sprachausgabe. Eine quiekende, künstliche Tiersprache. Was einmal mehr zeigte, wie unnötig all dieser Kram, der langsam zur Norm wurde in größeren Produktionen, eigentlich war.
Stattdessen dreht sich alles ums Spielprinzip. Jedes Level der Kampagne, zwischen denen kein wirklicher logischer Zusammenhang besteht, ist ein kleines Kunstwerk. Die wenigen „militärischen“ Einheiten müssen so effektiv wie möglich eingesetzt werden, wobei diese Effektivität von Level zu Level immer schwieriger herzustellen ist. Die zündende Idee muss jeweils her und dann muss diese noch in exakte Befehle umgesetzt werden – einfach nur ein Grüppchen in Richtung der Feinde zu schicken, wird praktisch niemals mit Erfolg belohnt.
Die zum Sieg notwendige Taktik ergibt sich aus zahlreichen Faktoren, die jeweils für sich gesehen leicht verständlich, jedoch in ihrer Kombination potentiell schwierig zu interpretieren sind. Zu nennen wären diesbezüglich unter Anderem intrinsische Einheitenfähigkeiten wie Angriffs- und Verteidigungsstärke, Flugfähigkeit oder Immunität gegenüber bestimmten giftigen Substanzen, aber auch besondere Waffen (Stinkekäse, Feuerwerkskörper…) und zuguterletzt die Umgebung. Bedient man sich all dieser Dinge vorteilhaft, gewinnt man die Schlacht. Zu abstrakt? Feindliche Ameisen sind bereits dem Pizzastück, das man erobern möchte, sehr nahe. Doch auf dem Weg befindet sich eine kleine Pfütze. Der eigene Tauchkäfer könnte schnell diese Abkürzung nehmen und die Ameisen ablenken, bis die Hauptstreitkräfte nachrücken.
Dieses Beispiel mag noch recht eingängig sein, aber mit steigender Levelnummer wird es komplexer. Klar, man könnte glatt auf die einfache Steuerung hereinfallen und seine Soldaten einfach als große Gruppe an die Front schicken. Aber es macht schon einen häufig entscheidenden Unterschied, wer zuerst auf den Feind trifft und wer später dazukommt, wie man sehr schnell feststellen wird. Klar, man könnte sich ausnahmslos auf die gut funktionierende Wegfindungsroutine verlassen, aber manchmal sollte man doch jeden Schritt einzeln optimieren.
Solche Optimierungen werden durch einen Bruch mit dem Echtzeitparadigma ermöglicht. Der Spieler kann jederzeit die Action einfrieren und Befehle ohne Zeitdruck geben (ähnlich wie kurz zuvor Space Hulk). Man hat so viel Zeit zum Überlegen, Planen, Neuplanen oder einfach nur einen frischen Überblick wie es einem beliebt. Dies rückt die strategischen Aspekte des Spiels weit in den Vordergrund. Dann lässt man die Zeit auf Knopfdruck weiterlaufen und schaut zu, wie die scheinbar perfekt erdachten Pläne allesamt von der künstlichen Gegnerintelligenz durchkreuzt werden… oder später, wie alles genau so fällt, wie man es wollte, was dann ein großes Erfolgsgefühl mit sich bringt.
Apropos künstliche Intelligenz: Die hauptsächliche Herausforderung liegt darin, das Level und die initiale Einheitenaufstellung (die manchmal den Gegner leicht bevorzugt, aber niemals zu extrem) richtig zu lesen, aber die computergesteuerten Armeen sind in ihrem taktischen Verhalten auch nicht zu verachten. Sie greifen zwar prinzipiell an, aber das immerhin sehr gezielt. So suchen sie sich Schwachpunkte, einsame Spielereinheiten oder einfach zu übernehmende Essensressourcen bevorzugt aus.
Battle Bugs' Komplexität fußt nicht auf der künstlichen Verbreiterung mittels immer neuer Spielmechaniken oder mehr Einheiten, sondern sie ergibt sich aus cleverem Leveldesign und besagtem Satz grundlegender Regeln. Die Essenz des Spielprinzips befindet sich geradezu näher am Puzzlegenre als was die äußere Form des Kriegsspiels hätte erwarten lassen.
Dass es pro Level jeweils genau eine „richtige“ Lösung gibt, beschränkt natürlich die Motivation, sie nach erfolgreicher Lösung nochmals zu spielen. Dazu kommt, dass es zwar einen Zweispielermodus gibt, dieser aber offensichtlich im Nachklapp aufgepropft wurde, denn zentrale Spielmechaniken wie eben das beliebige Anhalten der Zeit funktionieren in diesem Spielkontext nicht mehr sinnvoll.
Doch nichts davon sollte einen von zumindest diesem einen Gesamtdurchlauf als Einzelspieler abhalten. Als solcher kann man von Battle Bugs sehr lange unterhalten werden. Es ist ein schwieriges Spiel, aber aus all den richtigen Gründen, und niemals aufgrund eines minderwertigen Interfaces oder unfairen Zufallselementen. Es ist ein forderndes Spiel, aber wenn die Herausforderung mal zu hoch ist, dann lässt es einen trotzdem im nächsten Level weiterspielen. Es weigert sich zu frustrieren, sondern will nur unterhalten. Tolle Idee, oder?
Kommentare (2) [Kommentar schreiben]
Einer der Klassiker unter den Strategie-Spielen! Wie im Artikel erwähnt, sind die Missionen bzgl. Manschaftsstärke und -ausrüstung sowie der zu erobernden Objekte vordefiniert. Wildes Drauflosrennen führt also kaum (bzw. nur während der ersten Missionen) zum Ziel. Man lernt hier spielerisch, sich einen Lösungsplan auszudenken und diesen später anzuwenden.
Fazit: Ein Klassiker mit gutem Lerneffekt und hohem (weil anspruchsvoll) Niveau.
GeM