Die Deluxe-Versionen der frühen 90er Jahre waren schon ein seltsamer Trend. Es handelte sich um maximal leicht erweiterte Remakes der Originale. Deluxe M.U.L.E. schaffte es nicht zur Fertigstellung, aber unter anderem Railroad Tycoon, Pirates! und Warlords II wurden derart verwurstet. Und natürlich Empire. Für dieses Spiel war es nicht gerade das erste Remake. Am bekanntesten mag seinerzeit die 1987er-Version mit dem Untertitel Wargame of the Century gewesen sein, doch die Geschichte des Spiels reicht zurück bis zu den Mainframes der 70er Jahre, wo es bereits mit reiner Zeichensatzoptik lief, bevor es dann in den 80er Jahren seinen grafischen Weg auf die aktuellen Heimcomputer fand, und so die kommerzielle Ausschlachtung des bereits ausgereiften Spielkonzepts begann.
Wie erwartet entfernt sich Empire Deluxe nicht weit von der vorher verbreiteten Version. Veteranen finden einen schnellen Einstieg, bis hin zu den identisch weiterverwendeten Icons der militärischen Einheiten. Das Grundkonzept, von einer einzigen Stadt aus den Rest der Welt erst zu erkunden und dann zu erobern, bleibt natürlich ohnehin bestehen. Im Standardmodus spielt sich Deluxe identisch zu seinem Vorgänger.
Augenfälligste Änderung ist natürlich die Optik. Wobei sich auch dies in engen Grenzen hält. Weiterhin kann man die Grafik maximal als funktional bezeichnen. Immerhin werden hohe Bildschirmausflösungen (bis zu 800x600, sehr ungewöhnlich zu der Zeit) unterstützt und bieten so einen guten Überblick über das Schlachtfeld, aber sonst war nichts gewesen. Die Steuerung geht in Ordnung, aber einige Aktionen brauchen zu viele Klicks; insbesondere muss man zum Scrollen zwangsweise die Balken an den Bildschirmrändern verwenden und eine Einheit aus dem Wachdienst wieder „aufzuwecken“ ist umständlicher als nötig. Was den Sound angeht, gibt es einerseits unaufdrängliche Standard-Kampfeffekte und dazu die Musik aus der Hölle!
Während der Schlacht wird die immer gleiche Melodie gespielt. Jene Melodie an sich ist vergessenswert, wäre aber keiner weiteren Erwähnung wert, wäre sie technisch richtig ins Spiel integriert worden. Doch es gestaltet sich so, dass sie jedes mal neu beginnt, sobald eine andere Einheit aktiv wird. Eine typische Karte ist recht groß, so dass die Anzahl der Einheiten schnell steigt. Typischerweise macht man nicht für jede einzelne Einheit eine Bedenkpause, sondern überlegt sich seine Strategie global und sieht dann jede Bewegung als Teil des großen Plans. Man bewegt Einheiten also in schnelles Abfolge – so dass die ersten zwei Sekunden der Musik immer und immer wieder wiederholt werden. Musik ist zugegeben nicht der wichtigste Teil eines strategischen Kriegsspiels, aber so macht es doch den Eindruck, als wäre die Musikintegration niemals ernsthaft getestet worden. Lautsprecher aus!
Selbst wenn man die Technik beiseite stellt, mag Empire Deluxe bereits 1993 ein wenig altmodisch gewesen sein, doch weitere 27 Jahre später ist es den durchschnittlichen Spielererwartungen so weit entrückt wie nur vorstellbar. Es ist ein umfangreiches Spiel und eine Partie ist nicht etwa in klar unterschiedliche Phasen eingeteilt, die sich spielerisch unterscheiden würden. Geführt wird man ohnehin nicht. Und natürlich ziehen sich Partien gegen Ende wie zähes, altes Kaugummi, wenn man noch zwei Stunden damit verbringen muss, irgendwo versprengte Städte zu erobern, obwohl der Sieger schon längst feststeht. So nebenbei mal hier und dort immer mal wieder Häppchen von zehn Minuten zu spielen, klappt auch nicht.
Wer an dieser Stelle also noch mitliest, dem kann man wohl Interesse an diesem Genre unterstellen, deshalb noch ein paar Details.
Was Empire bis heute von den meisten anderen Kriegsspielen unterscheidet, ist sein Fokus auf Marineoperationen. Landstreitkräfte beschränken sich auf einen einzigen Einheitentyp und das gleiche gilt für die Luftwaffe. Die Marine setzt sich dagegen aus immerhin sechs Schiffsmodellen zusammen. Selbst, wenn man den Armeetransporter und den Flugzeugträger nicht zählt, bleiben vier. Davon sind drei Kampfschiffe unterschiedlicher Größe, für die die übliche Abwägung zwischen Produktionszeit und Kampfkraft gelten. Zuguterletzt bleibt das U-Boot, für das spezielle Sichtbarkeitsregeln gelten (Truppentransporter und Schlachtschiffe sind besonders anfällig für ihre Überfälle). Siegbedingung ist immer die Eroberung aller Städte, wozu natürlich Landstreitkräfte unabdingbar sind, jedoch sind Landschlachten reine Verschleißkämpfe. Die eigentlichen strategischen Entscheidungen drehen sich darum, wo man anzugreifen gedenkt, und wie man seine Armeen dorthinbekommt – meist auf dem Wasserweg. Die verletztlichen Transporter müssen also auf dem Weg geschützt und die Küsten durch Artilleriefeuer gesäubert werden, bevor man landet und in Richtung der Städte marschiert.
Deluxe bietet zusätzlich einen Anfängermodus, in dem noch weniger Einheitentypen verfügbar sind (lohnt nicht weiterer Besprechung), sowie einen erweiterten Modus mit zwei neuen Einheiten. Landarmeen können nun aus Infanterie und Panzern (unter Wiederverwendung des Armeeicons des Vorgängers…) bestehen, wobei letztere einfach eine schnellere, stärkere Version der Standardarmeen sind, dafür aber länger in der Produktion brauchen. Darüber hinaus müssen sie auf verschiedene Geländetypen Rücksicht nehmen: in Wäldern geht's nur langsam voran, in Gebirge können sie überhaupt nicht usw. Bomber schlagen sich schlecht gegen Jagdflieger, aber sie können die Produktionskapazität von Städten schwächen. Erfolgreiche Bombardements verlangsamen die Produktionszyklen. Neue Effizienz kann nur durch die komplette Deaktivierung der aktuellen Einheitenproduktion wiedergewonnen werden.
Ob solche konzeptuellen Erweiterungen in Strategiespielen funktionieren, kann man – im Negativen – daran messen, ob sie eine vorher vorhandene Spielbalance stören, sowie – im Positiven – ob sie neue strategische Optionen eröffnen. Trifft keins von beiden zu, ist alles nur Show, die nur zu mehr Quantität führt.
Doch es ist alles gutgegangen. Die Änderungen mögen oberflächlig betrachtet gering sein, doch insbesondere die Aspekt der Produktionseffizienz und der Produktionsspezialisierung der Städte (so dass bestimmte Einheitentypen in weniger als der normalen Zeit gebaut werden können) erweitern die Weltsimulation immens, passen sich aber gleichzeitig nahtlos ein. Sie eröffnen neue strategische Möglichkeiten, ohne alles bisher gelernte auf den Kopf zu stellen. Der Lackmus-Test erweist sich als positiv, sobalb man erkennt, dass im gleichen Sinne wie das Abfangen großer Seetransporte zuvor, gezieltes Bombardement wichtiger Produktionsstandorte die Kriegsgeschicke wenden kann. Ein cleverer, aber bislang durch unglückliche Umstände ins Hintertreffen geratener Spieler kann es so eventuell noch mit einem weit vorgepreschten Feind aufnehmen.
Da strategische Breite und Tiefe in diesem Sinne ausgebaut wurden, bleibt Empire Deluxe die Version, an die man sich in dieser langen Ahnenreihe halten sollte. Ob es mangels entscheidender Änderungen seinerzeit für Besitzer des Vorgängers seinen Preis wert war, sei man dahingestellt, aber heute ist diese Frage nur noch von nachgelagertem Belang. Die Nischenzielgruppe hat sich seitdem sicher nicht vergrößert. Innerhalb der Nische ist es allerdings immerhin eine gute Wahl.
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