KGB
für PC (DOS)

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Mr Creosote:Besucherwertung:
4/6
Weitere Titel: Conspiracy
Firma: Virgin Interactive
Jahr: 1992
Genre: Adventure
Thema: Spionage / Historisch / Krimi / Polizei & Verbrecher
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 33229
Rezension von Mr Creosote (22.01.2022)
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Drogen, Snuff-Videos und eine Hardliner-Verschwörung gegen die Regierung – zumindest letztere vor bei Veröffentlichung noch akuten aktuellen weltpolitischen Ereignissen. Vielmehr hätten die Neulinge von Cryo sich für ihr Erstlingswerk wohl kaum vornehmen können. Wobei sich hinter dem neuen Firmennamen doch bereits bekannte Gesichter verbargen (vormals als Exxos firmierend), die bereits in den 80ern für ungewöhnliche Stoffe und Spieldesigns gestanden hatten. Allerdings im Science-Fiction- und Fantasybereich.

KGB gibt sich dagegen erstmal betont bodenständig und in der Realität verhaftet. Der berüchtigte Geheimdienst der Sowjetunion hat unter der Ägide Gorbatschows eine Abteilung für interne Ermittlungen eingerichtet. Korruption und Machtmissbrauch sollen bekämpft werden. Als Agent dieser Einheit befindet sich der Spieler im Spannungsfeld zwischen aus Jahrzehnten eingeschüchterter Bevölkerung sowie dem Misstrauen der eigenen Kollegen, als er den Mord an einem Privatdetektiv untersuchen soll. Was ihn natürlich schnell in düstere Sümpfe hinabführt.

Der noirige Politthriller, versetzt mit diversen Elementen des Groschenromans und schließlich sogar ansatzweise fantastischen Elementen ist sicher die große Stärke des Spiels. Die mit staubtrockenem Humor geschriebenen Bemerkungen und Beschreibungen des Protagonisten sorgen dabei für eine gewisse Distanz des Spielers, so dass man sich als Spieler außerhalb einzelner zum Nägelkauen spannender Szenen (die Schiffsfahrt, das Herausschaffen der Leiche aus dem Hotelzimmer…) eher in der Rolle des Außenstehenden Zuschauers wähnt.

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Leicht wird einem diese Zuschauerrolle trotzdem nicht gemacht. Die Komplexität der Geschichte würde selbst Raymond Chandler vor Neid erblassen lassen. Gruppierungen und Charaktere zeigen sich zu Hauf, niemand ist sich irgendwie grün und alle hintergehen sich gegenseitig – selbst innerhalb des jeweils eigenen Vereins. Die schön gezeichneten Portraits helfen ungemein bei der Identifikation der Personen. Ein Großteil der Plotinformationen wird jedoch durch Dialoge über Dritte vermittelt und dabei wird mit Namen nur so um sich geworfen. Bis hin zur Kardinalsünde jeder Erzählung, zwei handelnden Personen den gleichen Vornamen zu geben. Kaum vorstellbar, ohne handschriftliche Notizen dabei den Überblick zu behalten. Oder selbst mit.

Die zwei Jahre später neuaufgelegte CD-Version (unter dem Namen Conspiracy) versucht diesbezüglich leichte Abhilfe durch die Mitarbeit Donald Sutherlands zu schaffen. Der grob digitalisierte Darsteller raunt als verstorbener Vater des Protagonisten von Zeit zu Zeit ein paar Hinweise in die Kamera. Hilft aber auch nicht entscheidend weiter und ist insgesamt sogar eher störend, da die Möglichkeit ihn zu befragen permanent besteht, aber beinahe immer mit abweisenden Standardantworten belegt wird. Zeitverschwendung.

Wobei Hilfestellung praktisch permanent angebracht wäre. KGB macht keine Kompromisse mit seiner Erzählung. Die Aufgaben des Spielers bestehen aus typischer Ermittlerarbeit: Neben erwähnten Befragungen/Dialogen dreht sich ganz viel ums Beobachten, Belauschen und dabei nicht gesehen zu werden. Informationsschnippsel muss man dabei selbst im Kopf zusammensetzen, ohne dass dafür eine Spielmechanik existiert. Das Spiel prüft den diesbezüglichen Fortschritt mit großer Regelmäßigkeit, indem es den Spieler zu gewissen Sachverhalten im Multiple-Choice-Stil abfragt. Ein blindes Durchklicken ohne Verständnis ist also unmöglich.

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Doch selbst, um überhaupt zu solcherlei Zwischentests zu kommen, gilt es, exakt vorzugehen. So, wie es das Skript verlangt. Abweichungen oder sogar zu lange Verzögerungen gegenüber dem vorgesehenen Lösungspfad werden nicht toleriert und enden im Tod oder der Versetzung nach Sibirien. In einzelnen Szenen verengt sich der Pfad aufs Extremste, so dass jeglicher falscher Schritt das Spiel sofort beendet.

Es gilt also zu optimieren, sowohl was die Aktionen selbst, als auch das Zeitmanagement angeht. Dies kann spielerisch gangbar sein und ist im Detektivgenre durchaus etabliert. Zahlreiche Durchgänge sind also notwendig, um Dinge auszuprobieren, aus Fehlern voriger Durchläufe zu lernen usw. Die eingebaute Rückspul-Funktion, die die letzten Schritte nochmal wiedergibt, erweist sich als unbezahlbar.

KGB treibt dies allerdings auf eine Spitze, die einem stellenweise den Spaß verdirbt. Insbesondere dann, wenn Spielerwissen, das der Protagonist unmöglich haben kann, zwingend vorausgesetzt wird. Wie soll man beispielsweise ahnen, schonmal das Aufnahmegerät strategisch zu platzieren, bevor man zu Bett geht, wenn man nicht schon weiß, dass man im Schlaf überfallen werden wird? Oder aber, das Fenster des Hauses neben der Lagerhalle zu öffnen, um später einen Fluchtweg zu haben.

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Immerhin besitzt das Spiel den Anstand, den Suchraum des Spielers stark zu begrenzen. Die Einteilung in kleine Vignetten ermöglicht die Lösbarkeit überhaupt erst. Nicht auszudenken, könnte man frei zwischen verschiedenen Städten reisen, darin noch mehr Orte ansteuern usw. Spielerische Sackgassen gibt es zwar zu Hauf, aber sie zeigen sich gnädig zügig. Andererseits ist diese Einschränkung der Bewegungsfreiheit natürlich auch nur eine Krücke für die grundlegenden spielerischen Probleme.

Ob man sich das alles antun möchte, hängt sehr von den persönlichen Prioritäten ab. Ein paar Mal gelingen dem Spiel verblüffende Coups, was seine Rätsel im Rahmen seiner Kernspielmechanik angeht. Doch primär nervt es mit seiner Spitzfindigkeit, seinen schier unendlichen Möglichkeiten zu scheitern. Die Gefahr, angesichts steigendem Frust dem Plot nicht mehr die Aufmerksamkeit zu schenken, die er fürs Verständnis verlangt, ist groß.

Jetzt könnte man sagen: Ebenso wie bei erwähntem Chandler ist der explizite, detaillierte Ausgang der Geschichte aber überhaupt nicht wichtig. Vielmehr ging es doch um die Darstellung dieser trostlosen, zerfallenden Gesellschaft, oder? So muss man es wohl lesen. In diesem Sinne funktioniert die Erzählung KGBs. Als Experiment, eine fertige Erzählung in ein interaktives Spielformat zu übersetzen, ist es allerdings in vielerlei Hinsicht mangelhaft.

Archivierte Rezension(en) ↓

Rezension von Mr Creosote (05.06.2002)
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Es sind die letzten Tage der Sowietunion. Gorbatschow hat Teile der alten Strukturen aufgebrochen. Aber wie immer, wenn es zu Veränderungen kommt, gibt es mehrer Gruppen im Hintergrund, die davon profitieren wollen. Manchen kann es gar nicht schnell genug gehen, andere wollen soweit zurück wie möglich. Und ein Teil dieser sind dabei nicht gerade friedlich eingestellt...

Selbst der KGB kann sich dieser Veränderung nicht vollkommen entziehen. Maxim Rukow, der Spieler, ist Teil der neugebildeten Anti-Korruptionseinheit. Und bevor er sich noch wundern kann, warum er eigentlich dorthin versetzt wurde, bekommt er auch schon seinen ersten Auftrag: Den Mord an einem Privatdetektiv zu untersuchen.

Das ist natürlich nur der Einstieg in eine größer angelegte Geschichte, und schon bald findet man sich in üblicher Manier allein gegen die alten Kader, die das Rad der Geschichte zurückdrehen wollen, wieder.

KGB ist im typischen Cryo-Stil gemacht (vergleiche Dune). Man sieht die Szenerien durch die Augen der Spielfigur. Eine Karte verhindert, dass man sich verläuft. Objektmanipulationen laufen über das Standardverbensystem und es gibt einen „intelligenten Cursor“, der einen nicht nur auf wichtige Gegenstände aufmerksam macht, sondern auch eine logische Handlung vorschlägt.

Der meiste Spielfortschritt läuft über Dialoge. Stellt man die richtigen Fragen zur richtigen Zeit, kommt man vorwärts. Verfolgt man die richtigen Leute und belauscht ihre Gespräche (und nimmt diese auf Band auf), erfährt man wichtige Fakten. Klassische Detektivarbeit.

Doch das leitet auch zum größten Problem des Spiels über: Es läuft in „Echtzeit“ ab. Jede Aktion des Spielers wird gnadenlos gezählt. Wenn etwas zu lange dauert or wenn man irgendwann den falschen Ort besucht, hat man so gut wie verloren. Das schlimmste daran ist, dass man das oft erst viel später bemerkt (also wenn man seinen Spielstand schon längst wieder überschrieben hat)!

Daraus resultiert ein ziemlich lächerlicher Spielstil: Erst löst man ganz normal die Rätsel, aber wenn man einen Abschnitt geschafft hat, lädt man wieder und wiederholt ihn in kürzester Zeit. Hochgradig nervig, aber wie soll man sonst sicher sein, keine Zeit verschwendet zu haben?

Ein weiterer Nachteil ist das teilweise schwache Skript. Man trifft so viele Leute, treibt sich an so vielen Orten herum - aber die meisten nur ein einziges kurzes Mal. Doch man soll alle sofort im Kopf behalten! Und obwohl die Story an sich nicht allzu komplex ist (die übliche Verschwörung), habe ich niemals alles verstanden - aus dem einfachen Grund, dass ich die ganzen Gesichter und Namen, die sich alle so sehr ähneln, nicht auseinander halten konnte.

Leider machen diese Probleme das Spiel zu einem weniger erfreulichen Erlebnis, trotz der interessanten Thematik und einiger netter Szenen. Es mag ja realistisch sein, dass so viele Personen, Gruppen und Orte involviert sind, aber im Sinne des Spieldesigns wäre weniger hier mehr gewesen.

Triviales: Es gibt eine CD-ROM-Version mit dem Titel Conspiracy, die kurze Videosequenzen mit Donald Sutherland als Rukows toter Vater enthält. Er raunt einem ein paar Tipps zu und versucht krampfhaft, Licht auf die verworrenen Handlungsstränge zu werfen. Die technische Qualität ist allerdings mehr als armselig (Interlaced-Modus mit mehr schwarz als Film) und zum Verständnis tragen sie auch nicht viel bei. Zumindest habe ich auch nachdem ich diese Version durchgespielt habe immer noch nicht alles verstanden...

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