Indiana Jones and the Fate of Atlantis
für Amiga (OCS/ECS)

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Mr Creosote:Besucherwertung:
5.7/6
Firma: Lucas Arts
Jahr: 1992
Genre: Adventure
Thema: Umsetzung eines anderen Mediums / Sonstige Fantasy / Kämpfen / Humor / Krieg
Sprache: English, Deutsch, Francais, Castellano
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 43385
Rezension von Mr Creosote (27.09.2002)
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Indiana Jones - George Lucas' und Steven Spielbergs Hommage an die alten sogenannten „Pulp“-Abenteuerheftchen. Oder auch purer Kommerz, basierend auf recycleten Ideen. Hyper-mega kommerziell natürlich. Eines ist allerdings sicher: Die Filme sind höchst unterhaltsam, und das ohne tiefgründige Story oder vielschichtige Charaktere, sondern archetypische Bösewichte im Kampf gegen einen einsamen Helden, mit harter Schale und weichem Kern, der nebenbei auch noch kräftig zuschlagen kann wenn nötig.

Indiana Jones and the Fate of Atlantis wurde inoffiziell Indiana Jones 4 genannt, weil es auf keinem der Filme basiert, und nach den jeweiligen Umsetzungen veröffentlicht wurde. Es verspricht also eine extra für das Spiel geschriebene Story - nichts Wiederverwertetes.

Trotzdem ist die Story durchaus filmreif: Indiana Jones muss böse Nazis im Rennen auf der Suche nach Atlantis, wo sich eine unerschöpfliche Energiequelle (die die Nazis natürlich zu Kriegszwecken nutzen wollen) befinden soll. Die einzige halbwegs verlässliche Quelle auf der Suche nach Atlantis ist der Verlorene Dialog des Plato, in dem Sokrates von der mysteriösen Insel redet.

Die Suche nach dem verlorenen Kontinent führt Dr. Jones um die Welt und zurück. Exotische Orte von den Azoren über Tijuana und der Sahara bis zu antiken griechischen Ruinen stehen an der Tagesordnung. Für ein Spiel stellt das Abwechslung sicher, aber es ist auch das einzige Problem, dass sich nicht gut in einem Film machen würde: es wird einfach zu viel hin und her gereist, manchmal, um nur ein einziges Objekt zu holen.

Das ist dann aber auch das einzige Detail. Die Story funktioniert sehr gut, der Spannungsbogen wird durch ein paar Wendungen und Überraschungen immer aufrecht erhalten. Die Charaktere sind glaubwürdig, solange man ein einfaches Gut-Böse-Schema akzeptiert (ganz wie im Film...). Man hat immer ein deutliches Ziel vor Augen und weiß auch, warum man eigentlich dort ist, wo man sich gerade befindet - was bei vielen anderen Spielen ja keine Selbstverständlichkeit ist...

Die zweite große Frage ist natürlich das Gameplay. Im Falle von Adventures hauptsächlich die Rätsel. Das Spieldesign will es so, dass man sich immer an einer ziemlich begrenzten Anzahl von Orten zur gleichen Zeit befindet, also befindet sich die Betonung darauf, was zu tun ist anstatt wo. Dieses „was“ ist meistens perfekt durchdacht, sinnvoll und fordernd. Nicht übermäßig schwierig, gerade richtig für den durchschnittlichen Spieler. Besonders die späteren Puzzles, die sich mit atlantischer Maschinerie auseinandersetzen sind wirklich gelungen.

Indiana Jones wäre aber nicht Indiana Jones, gäbe es nicht ein bisschen Action. Ich kann schon förmlich das Entsetzen in den Gesichtern der Puristen sehen - Action? Zuerst einmal sind da Faustkämpfe. Diese sind nicht allzu schwierig und erinnern stark an Pirates!. Wer sie ganz vermeiden will, muss meistens nur ein zusätzliches Rätsel lösen oder einfach eben nicht in die Arme der Nazisoldaten laufen. Und wenn man dann doch mal versehentlich in eine solche Situation gerät, hilft immer noch der Superschlag, der (fast) jeden Gegner sofort niederstreckt - einfach Null auf dem Zahlenblock drücken (Amiga 600 - Benutzer sind hier im Nachteil). Weitere action-angehauchte Sequenzen sind beispielsweise Kamelreiten, Ballonfliegen und ein U-Boot zu steuern, aber nichts davon sollte Probleme bereiten.

Als besonderes Feature ist Indiana Jones 4 kein strikt lineares Spiel. Häufig gibt es Alternativlösungen zu Problemen, solange es logisch ist, ist es meist auch vorgesehen. Außerdem kann der gesamte Mittelteil des Spiels auf drei komplett unterschiedliche Wege absolviert werden: einer actionorientiert, ein Rätselweg und einer basiert stark auf Teamwork mit der zweiten Protagonistin: Sophia Hapgood. Die besuchten Orte sind auf den Wegen meist gleich, doch was man dort zu tun hat, die Leute, mit denen man zu tun hat und warum man eigentlich dort ist, ändert sich. In Atlantis laufen dann alle Wege wieder zusammen.
Die Wiederspielbarkeit von Adventures ist häufig Thema heißer Diskussionen, und das zu Recht. Indiana Jones ist wiederspielbar, da gibt es keinerlei Zweifel!

Bezüglich der Präsentation gibt es allerdings schon Einiges zu meckern. Die musikalischen Kompositionen sind zwar über jeden Zweifel erhaben, das Indy-Hauptthema kommt zwar genau wie die „Teil 4“-spezifischen Melodien gut rüber, aber die Songs haben in der Übersetzung ins Amiga-Format schon gelitten; einige der parallelen Stimmen sind wohl einfach ersatzlos gestrichen. Grafisch musste natürlich auch von den 256 Farben auf den 32-farbigen ECS-Standard heruntergerechnet werden. Anders als in vorigen Lucas-Arts-Produktionen macht beides keinen so besonders guten Eindruck, es riecht alles sehr danach, als seien Sound und Grafik größtenteils automatisch konvertiert worden anstatt mit genauem Blick und Handarbeit wo nötig – wie es bei der Konkurrenz von Sierra ja schon immer üblich gewesen war.

Damit wären wir bei den technischen Fragen. Das Spiel besteht aus 11 Disketten - genau wie Monkey Island 2. Anders als letzteres sind die Daten aber nicht intelligent verteilt, so dass man dauernd Disketten wechseln muss - manchmal sogar, nur um ein stupides „das klappt so nicht“ ins Gesicht gesagt zu bekommen. Mit weniger als vier Laufwerken ist das Spiel unspielbar. Und richtig gut wird es erst, wenn man es auf eine Festplatte installiert, wozu zum Glück ein Programm mitgeliefert wird.
Das Spiel ist inkompatibel mit dem AGA-Chipsatz der „neuen Amigas“, es existiert allerdings ein inoffizieller Patch dafür, falls man keine andere Wahl hat. Wer es per Emulator spielt, sollte auf jeden Fall ECS wählen.

Historisch kann Indiana Jones 4 den traurigen Titel des allerletzten Lucas Arts - Spiels, das jemals für den Amiga gemacht wurde, für sich beanspruchen. Für jemanden, der die Entwicklung damals nicht verfolgt hat, könnte es sich so darstellen (auch aus diesem Test), als hätte das an der alternden Hardware gelegen. Das ist nicht der Fall. Lucas Arts war eine der Firmen, die den Amigamarkt wegen Raupkopien verließen. Ihre Spiele waren immer welche der beliebtesten und bekanntesten, aber „seltsamerweise“ verkauften sie sich nicht besonders gut. Auch die berüchtigten Codescheiben halfen da nichts. Selbst als die Amigas der nächsten Generation herauskamen, konnten sie nicht überzeugt werden zurückzukehren. Commodore versuchte sogar, die Rechte der nächsten Hits (Day of the Tentacle und Rebel Assault) zu erwerben, um sie selbst umzusetzen. Das Geschäft kam allerdings nie zu Stande, möglicherweise, weil Commodore kurze Zeit danach sowieso Bankrott ging.

Wir sollten dieses Spiel also als Warnung in Erinnerung behalten, was Raupkopien verursachen können. Dieses beinahe perfekte Spiel mit seiner großartigen Story und genialem Gameplay hätte locker die Höchstwertung verdient, wäre da nicht die schlampige technische Seite. Das letzte seiner Art für unseren Lieblingscomputer. Das Ende einer Ära...

Kommentare (8) [Kommentar schreiben]

Bearskills:

Zum ersten Mal gespielt bei meinem besten Freund.
Wir hatten den PC des Vaters benutzt. Geile Zeit!!!

Butterflyking:

Tja - stimmt auch wieder. Hat mit den dünnen DVD-Hüllen angefangen die Kartonboxen bei den games fast abgelöst haben.

Aber ab und zu findet man noch ausnahmen. (z.b. die Macher von Mafia - die haben eine special edition mit Handbuch, karte, und anderen gimicks rausgebracht!)

Mr Creosote:
Na ja, die Frage ist natürlich, wo die Schmerzgrenze für die (noch) treuen Käufer liegt. Dabei spielt dann ja wohl auch eine Rolle, dass der Preis für ein neues Spiel sich vervielfacht hat, und ehrliche Kunden dann auch noch mit immer lächerlicheren Auswüchsen der Gattung "Kopierschutz" belästigt werden. Bei Lucasfilm / Arts ging das ja noch gerade (wobei über die Drehscheiben von Monkey Island und den rot unterlegten Handzettel von Zak McKracken auch schon alle geschimpft haben. Doch was war das denn aus heutiger Sicht? Im Vergleich zu zwangsinstallierten Rootkits und all diesem Kram? Nichts. Und man bekommt noch nicht mal mehr ein gedrucktes Handbuch, geschweige denn sonstige Extras. Ganz ehrlich gesagt wird der Anreiz, Originale zu kaufen, doch immer geringer - im Gegenteil: Illegale Kopien übertreffen die Originale ja sogar in der Funktionalität (siehe "Kopierschutz" bzw. besser wohl "Spielschutz").
Butterflyking:

Stimme mit Klausi überein. Die Raubkopien beim Amiga und Konsorten waren sehr hoch und haben den Markt für diese computer ruiniert obwohl damals die Hardware auf jeden Fall konkurrenzfähig war.

Was die heutigen "warez kids" betrifft, ist das natürlich durch die erschwinglichkeit von Brennhardware und Breitbandinternet extrem angekurbelt worden und langsam zum Volkssport mutiert. Jeder brennt mittlerweile audio-CDs, FilmCDs und natürlich games.

Aber ich denke das auch die Gruppe der wirklichen Game-Sammler nicht kleiner geworden ist. Diejenigen die nicht auf "das Original", die Verpackung (auch wenn sie heute extrem mickrig zu den prachtvollen Cardboardschachtel der ´90er aussehen, und eventuellen Beigaben verzichten wollen ist doch noch recht gross.

Mr Creosote:

Absolut richtig, wobei es ohnehin blödsinnig ist, Zahlen von Raubkopien 1992 mit heutigen zu vergleichen, da der Markt seine Größe mittlerweile "mal eben" vervielfacht hat.

Was die Vokabel "Umsetzung" angeht, so ist Klausis Anmerkung bzgl. Adventures größtenteils richtig (wie im Test erwähnt), im Actiongenre beispielsweise gab es zu der Zeit aber immer noch kein einziges vernünftiges Spiel auf dem PC. Selbst heutzutage schwärmen ja immer noch viele Leute von "Commander Keen", was ja auch sog. Homecomputern gerade mal öder Durchschnitt gewesen wäre...

Klausi:

Starlord hat es genau erfasst, freilich ohne es wirklich verstanden zu haben. Auf dem PC war die Produktion billiger und aussichtsreicher. Trotz der Raubkopien gab und gibt es noch genügend Käufer für PC Spiele.
PC Umsetzungen gab es 1992 schon lange nicht mehr, allenfalls lieblose Amiga/ST-Umsetzungen, die automatisch runtergerechnet wurden und selbst das hat sich für LA dann nicht mehr gelohnt. Das ganze Palaber von Starlord ist also wiedermal die endlose Repeatition von Leuten die nicht wahrhaben können, dass die Raubkopiererei die Homecomputer vernichtet hat.

Starlord:
Zum Thema "Raubkopien": Das ist doch wohl ein schlechter Scherz und LucasArts zog sich nicht aus diesem Grund zurück, sondern nur weil die PC-Umsetzungen billiger für die Produktion waren. Die Anzahl von Raubkopien auf dem PC übersteigt das beim AMIGA ums Tausendfache! Es ist leich immer alles nur auf "Raubkopien" als Ursache für allerlei Verluste rund um den Amiga verantwortlich zu machen. Tatsache ist aber, das da ganz andere Faktoren eine Rolle spielten, die aber allzugern von vielen beteiligten Seiten totgeschwiegen werden.
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