Castle Master
für Amiga (OCS/ECS)

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Mr Creosote:Besucherwertung:
5/6
Firma: Incentive / Domark
Jahr: 1990
Genre: Adventure, Action
Thema: Schwerter & Magie
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 20570
Rezension von Mr Creosote (22.10.2022)
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Freescape war 1987 eine große Sache. Heute würde man es als 3D-Engine bezeichnen; die vielleicht erste ihrer Art. Nicht, dass dieser Name damals existierte. Es erlaubte bereits freie Bewegung im dreidimensionalen Raum, als in den typischen Rollenspielen der Zeit noch schrittweises Vorankommen und Drehen die Norm war. In dieser voll dreidimensional modellierten Welt konnte man hoch- und runtergucken, es gab verschiedene Höhenstufen, verschiedene Bewegungsarten (krabbeln, gehen, rennen) – selbst als Jahre später allseits gefeierte Spiele wie Ultima Underworld oder Doom herauskamen, gehörte das keinesfalls zum Standardrepertoire.

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Da fühlt man sich klein…

Das heute bekannteste Spiel der Reihe ist Castle Master. Dabei handelt es sich um das letzte umfassende Spiel der Serie. Zwei Varianten früherer Veröffentlichungen folgten noch. Castle Master zeigte nochmal all das, was diese Technik zu leisten vermochte. Der Fantasyplot ist so simpel wie möglich gehalten: Rette die Prinzessin oder den Prinzen. Rein in die Burg voller Gefahren, wo im Innersten der Endgegner wartet.

Wie also die vorhergehenden Spiele auch ist das Spiel um die Technologie herum gebaut, nicht andersherum. Das Spielprinzip ist simpelstvorstellbar; es handelt sich praktisch um ein Labyrinthspiel. Verschlossene Türen und versteckte Geheimgänge, Schlüssel und Hebel regulieren den Fortschritt. Das funktioniert gut und die Burg mit ihrem offenen Hof, den Palisaden, den Türmen, der Kaserne und den Katakomben wird effektiv genutzt. Insgesamt wirkt die Architektur der Burg funktional, mit naheliegenden Räumen (eine Küche, ein Stall usw.), aber auch ein paar Gags (das Footballfeld…).

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Vielleicht mal einen Blick in den Kochtopf werden?

Die Herausforderung liegt in der Erkundung. Die Bewegungsfreiheit der Engine lässt dabei ihre Muskeln spielen. Objekte oder Türen kann man manchmal nur dann entdecken, wenn man explizit hinter andere Objekte schaut, den richtigen Winkel wählt usw. Diejenigen, die von späteren 3D-Shootern geprägt denken, man müsse nur auf die frontal heranlaufenden Gegner warten, verpassen somit lösungswichtige Details.

Gegner gibt es dabei sehr wohl, wenn auch selten. Sie kündigen sich durch einen rosa blinkenden Bildschirm an. Meist können sie, sobald man sie denn entdeckt hat, schnell erledigt werden. Der eigene Vorrat an Lebensenergie ist großzügig bemessen und kann auch mehrfach wieder aufgefüllt werden. Auch die Gegner sind polygonal modelliert und lassen somit Details vermissen. Was bei den Geistern oder den Fledermäusen noch funktioniert, sieht bei dem Drachen und der Maus dann leider unfreiwillig komisch aus. Die geringe Anzahl an Animationsframes trägt ebenfalls dazu bei.

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Fledermausangriff!

Ähnlich durchwachsen ist die Gesamtgeschwindigkeit. Das Fenster in die Spielwelt ist zwar vergleichsweise groß, aber auf einem normalen A500 bewegt sich der Spieler schon sehr langsam. Immerhin skaliert die Geschwindigkeit mit schnelleren Maschinen. Heutzutage fällt darüber hinaus auf, dass die Bewegung eher wie schweben als laufen wirkt. In Driller und Dark Side mag das noch Sinn ergeben haben, aber seit dem direkten Vorgänger Total Eclipse gab es eigentlich keine Entschuldigung mehr.

1990 waren all diese Einschränkungen noch akzeptabel. Den meisten Spielern werden sie nicht einmal aufgefallen sein. Die Faszination des Freescape-Systems war noch vorhanden und trug ein ansonsten kaum erwähnenswertes Spiel. Heute kennt man (spätere) viel leistungsfähigere 3D-Engines und Castle Master sieht sehr alt aus. Das Spielprinzip ist weder aufregend-actionreich, noch intelligent-vertrackt genug, darüber hinwegzusehen. Was zur Entstehungszeit die größte Stärke war, ist zur Last geworden. Schließlich endete Anfang der 90er Jahre die Freescape-Reihe aus guten Gründen. Die Welt dreht sich weiter und lässt die gestrige Techniksensation zurück. Das beschädigt nicht Castle Masters historisches Vermächtnis. Sollte man es jedoch wirklich nochmal selbst zur Hand nehmen wollen, sollte man sich auf eine Enttäuschung einstellen.

Archivierte Rezension(en) ↓

Rezension von Mr Creosote (27.05.2009)
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Wenn ein Spiel mehr aufgrund seiner technischen Umsetzung zu beeindrucken versucht, tritt seine Geschichte in der Planungsphase schnell in den Hintergrund. In diesem Teil der Freescape-Reihe (bekannt für seine dreidimensionalen Umgebungen, in denen man sich frei bewegen kann) wird der Spieler wohl deshalb mit dem Standardplot der Standardplots abgespeist: Man übernommt die Rolle eines Prinzen oder einer Prinzessin und muss den jeweils anderen Zwilling aus den Klauen eines Magiers befreien. Dazu betritte man die Burg des Bösewichts, doch bevor man überhaupt in die Tiefen des Verlieses vordringen kann, muss man zehn Gegenstände, die überall im Schloss verteilt sind, finden.

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Nette Küche

Die polygoniale Umgebung ist etwas detailreicher, als in den früheren Spielen (im Stall steht ein Pferd, in der Scheune liegt eine Mistforke und so weiter), aber dadurch bewegt sie sich auch langsamer. Das Spiel ist auf einem normalen A500 gut spielbar, aber eine schnellere CPU zahlt sich im Sinne der Flüssigkeit aus.

Spielerisch gibt es manchmal Aufeinandertreffen mit Geistern und Monstern, die durch mehr oder weniger gezielte Steinwürfe ausgeschaltet werden können, und bis das geschieht an der Lebensenergie des Spielers nagen. Diese Energie kann wiederum durch Nahrungsaufnahme wieder aufgefüllt werden. Hauptaufgabe ist es jedoch, den richtigen Weg durch das Schloss zu finden. Hierfür sind sollte man bereit sein, Karten zu malen. Unterwegs gibt es dann auch noch ein paar einfache Rätsel.

Letztendlich ist das alles jedoch nicht sonderlich aufregend. Durch die Korridore zu streifen, die Räume zu durchsuchen und auf Geheimgänge zu stoßen ist zwar recht nett, aber insgesamt passiert nicht gerade viel. Das ist der Fluch solcher „technischer“ Spiele: Sie altern nicht sonderlich vorteilhaft. Auch wenn die Grafik des Spiel gut genug ist, ist die offensichtlich nicht mehr ernsthaft beeindruckend. Genrefans können natürlich nichts falsch machen, aber für alle anderen gibt es außer der historischen Bedeutung kaum einen Grund, sich das Spiel vorzunehmen.

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