Being Andrew Plotkin
für Interpreter (Z-Code)

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Mr Creosote:
Firma: J. Robinson Wheeler
Jahr: 2000
Genre: Adventure
Thema: Umsetzung eines anderen Mediums / Sonstige Fantasy / Humor
Sprache: English
Lizenz: Freeware
Aufrufe: 21542
Rezension von Mr Creosote (17.09.2011)
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Being Andrew Plotkin wurde mit allen vorstellbaren Preisen der modernen Textadventureszene geradezu überschüttet. Es handelt sich natürlich um eine Adaption (oder sagen wir mal „Neugestaltung“) des Films Being John Malkovich – mit derjenigen Person, die vielleicht in der heutigen Szene am ehesten „Starstatus“ genießt in der Hauptrolle: Andrew Plotkin, Autor zahlreicher moderner Klassiker.

Der Spieler übernimmt jedoch erstmal die Rollen Peters und Valeries, die beide bei Red Hat arbeiten (ebenso wie Plotkin). Wie im Film entdecken sie eine geradezu magische Tür hinter einem Aktenschrank, die direkt in Plotkins Kopf führt. Nach ersten, harmlosen Ausflügen, bei der sie die Welt durch seine Augen erleben, versuchen die beiden schließlich seine Handlungen direkt zu kontrollieren (was natürlich im Kontext eines Textadventures ein noch doppelbödigeres motivisches Spiel ist, als in einem Film, da dies ja genau das Verhältnis zwischen dem Spieler und dem Protagonisten eines jedes solchen Spiels beschreibt).

Diejenigen Kritiker, die das Spiel hochjubeln, verweisen meist darauf, dass trotz des Insiderplots das Spiel auch ohne Wissen über den Film, Plotkins Spiele oder andere Textadventures Being Andrew Plotkin trotzdem genossen werden kann. Technisch gesehen ist das wohl wahr: Man kann das Spiel auch ohne solches Wissen durchspielen. Nur (und diese Kehrseite der Medaille wird meist verschwiegen) ist es dann leider stinklangweilig. Denn laufen all die lustigen Anspielungen auf Spider and Web, So Far, Zork usw. beim Spieler ins Leere, dann bleibt nur noch ein recht kurzes und extrem linear aufgebautes Spiel ohne erwähnenswerte Geschichte (die späteren Entwicklungen könnte man als „verrückten Humor“ bezeichnen) oder sonderlich originellen Rätseln (nach meiner Zählung gibt es im gesamten Spiel nur ein einziges Rätsel, dessen Lösung einem nicht vorher explizit verraten wird und nicht zu den abgenudelten Standards gehört).

Ein Großteil spielt sich in Multiple-Choice-Dialogen ab. Manchmal sind diese zwar ansatzweise unterhaltsam, aber am Ende bleibt dann doch immer nur eine Option übrig: Diejenige, mit der das Spiel vorangetrieben wird. Der Spieler bekommt niemals die Gelegenheit, einfach seine Umgebung zu erkunden; stattdessen wird er von einer statischen Szene zur nächsten verfrachtet. Nur die Identität des Protagonisten ändert sich manchmal (ohne, dass das eines gesteigerten spielerischen Sinn ergäbe) und die akuten Aufgaben werden jeweils auf direkteste Weise kommuniziert – manchmal geht das sogar so weit, dass jeder einzelne Schritt direkt vorgegeben wird.

Was ich persönlich bei einem solchen Konzept erwartet hätte, ist dies: Man liefe in den Gebäuden Red Hats herum und könnte die gleichen Räumlichkeiten entweder als „man selbst“ oder als Andrew Plotkin besuchen. Beide Personen hätten natürlich eine leicht unterschiedliche Wahrnehmung der Umgebung, also würden sich die Raum- und Gegenstandsbeschreibungen jeweils leicht ändern (letzteres ist immerhin ansatzweise im tatsächlichen Spiel vorhanden). Vielleicht gäbe es auch unterschiedliche Zugangsrechte der beiden Personen zu gewissen Gebäudeteilen. Und dann gäbe es natürlich noch die persönliche Komponente: Manche Dritte würden einem nur helfen, wenn man gerade die richtige Identität hat (da beide Personen natürlich verschiedene Bekanntschaften pflegen). Soll heißen: Die Lösung der Rätsel wäre „identitätsabhängig“ und durch das Spiel käme man nur, wenn man die Fähigkeiten der beiden verfügbaren Charaktere geschickt einsetzte. Leider versucht dieses Spiel noch nicht einmal, dies so umzusetzen.

Stattdessen gibt es also Insiderscherze und die einigermaßen lustigen Szenen, in denen man die Welt durch Andrew Plotkins Augen betrachtet. Ja, die sind ganz witzig. Jedoch ist es schon ziemlich enttäuschend, wenn dann urplötzlich das recht alberne Ende anklopft, obwohl es ja gerade in dem Moment erst versprach, überhaupt interessant zu werden. Vielleicht wollte der Autor einfach nicht zu tief in die Privatsphäre Herrn Plotkins einsteigen und hat deshalb nur wenige Szenen eingebaut, in dem er wirklich in seinem Leben zu sehen ist. Verständlich, allerdings schaffte Being John Malkovich diesen Spagat doch auch scheinbar mühelos, ohne die reale Person irgendwie zu kompromittieren. Diesem Spiel gelingt das niemals. So ist es nur für Extremfans zu empfehlen.

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