Ashes of Empire
für Amiga (OCS/ECS)
Auch verfügbar für: Amiga (OCS/ECS) (Fallen Empire)

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Mr Creosote:
Firma: Midnight / Mirage
Jahr: 1992
Genre: Action, Strategie
Thema: Apokalypse / Fahren / Fliegen / Schifffahrt / Politik / Krieg
Sprache: English, Deutsch, Castellano, Français
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 27210
Rezension von Mr Creosote (20.10.2012)
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Erst kam Midwinter… und dann das Auseinanderbrechen der Sowjetunion. Ob man nun in dieser Abfolge eine Kausalität sieht oder nicht – das uneheliche Kind der beiden historisch einschneidenden Ereignisse ist jedoch zweifellos Ashes of Empire. Aus der damals mehr als aktuellen historischen Situation zieht das Spiel sein Szenario: Ein riesiger Staat, vormals eine militärische Großmacht, ist unter seinen wirtschaftlichen Problemen zusammengebrochen. Seine Teilrepubliken versinken in Anarchie, aber nicht der geregelten Art. Schwer bewaffnete früher loyale Militäreinheiten sind nun zu modernen Straßenräubern geworden und hinterlassen mit ihren ziellosen Plünderungen einen Pfad der Angst und des Leidens bei der ohnehin schon verarmten und schlecht ernährten Bevölkerung. Die staatliche Verwaltung funktioniert, wenn überhaupt, nur noch auf lokaler Ebene.

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Der Spieler steuert nun die Operationen einer Organisation, die vielleicht am ehesten mit den Vereinten Nationen vergleichbar ist, um das Land wieder zu befrieden und Stabilität zu bringen. Das läuft größtenteils darüber, dass man die lokalen Anführer auf seine Seite bringt, so dass sie ihre Ressourcen in den Dienst der Sache stellen. Pro Region stellt einem das Spiel einige Aufgaben, wie beispielsweise Kontrolle über x Fabriken, y Ölfelder und z Minen zu erlangen. Erreicht man das in der vorgesehenen Zeit, schwenkt diese Region zur eigenen Seite über. Ansonsten besteht die akute Gefahr eines atomaren Schlags gegen die Provinz, der ihre Befriedung dann fast unmöglich macht.

Diese zentralen Figuren zu überzeugen geschieht ganz wie aus Flames of Freedom gewohnt: Meist fordern sie eine Gegenleistung, die man ihnen entweder bezahlen/liefern kann, oder aber man versucht sie auf andere (weniger zuverlässige) Art und Weise zu überzeugen (ob nun per goldener Zunge oder durch Drohungen). Besondere „VIP“-Charaktere spielen ebenfalls eine große Rolle, da sie häufig übergreifenden Einfluss besitzen (so dass ihre Unterstützung der eigenen Mission zusätzliches Gewicht verleiht) und darüber hinaus sind sie oft auch gute Informationsquellen.

Doch damit ist bei Ashes of Empire spielerisch noch lange nicht Schluss. Die Industrie muss wieder zum Laufen gebracht, die Infrastruktur repariert und ausgebaut werden, also braucht man Arbeiterteams und Soldaten zu deren Schutz. Ganz in der Tradition Midwinters trifft man während seiner Reisen immer wieder auf feindliche Militäreinheiten. So kommt es immer wieder zu Gefechten und Scharmützeln, während man in seinem Panzerwagen, Schneekettenfahrzeug, Kampfjet, U-Boot oder einem der anderen zahlreichen verfügbaren Gefährte unterwegs ist. Bei genauerer Betrachtung dieser Reisen bekommt die komplexe Fassade des Spiels jedoch ihre ersten Brüche: Alle Fahrzeuge spielen sich beinahe exakt gleich – selbst zu Fuß zu laufen ist doch beinahe peinlich ähnlich.

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Auch bezüglich der anderen Spielelemente stellt sich leider der Eindruck ein, dass man hauptsächlich auf Breite statt Tiefe gesetzt hat. Doch in dieser Konstellation bringen neue Features eben weniger Spaß. Tatsächlich ist es so, dass man nach der erste Erkundung einer Region (eine Phase, die sich selbst logischerweise auch immer wieder wiederholt) sehr viel hin und herzureisen hat, nur um Routineaufgaben zu erledigen – moderne Kommunikationsmittel wie das Telefon oder gar Funk sind Mangelware. Der Motivation dieser Reisen nicht unbedingt förderlich ist dabei, dass sowohl die Aufgaben, als auch die Charaktere sichtbar zufällig erzeugt sind, d.h. sie sind gesichtslos und ohne Persönlichkeit. Und wo schon das Thema Gesichter gefallen ist: Die schrecklich gerenderten Visagen, die einem auf dem Bildschirm erscheinen, lassen einen sich schnell wieder nach Flames of Freedom sehnen, wo die Charaktere zwar auch beim Spielstart zufällig erzeugt und grafisch aus Standardelementen zusammengefügt wurden, aber trotzdem stilistisch ansprechend und leicht auseinanderzuhalten waren.

Eine weitere große Hürde ist die Steuerung. Die Icons sind leider alles andere als selbsterklärend und Ausprobieren hilft meist auch nicht viel, da immer wieder weitere Klick-Aktivitäten im Anschluss erwartet werden. Ohne Anleitung ist man also eigentlich bereits auf dem ersten Bildschirm verloren. Dem Spiel liegt deshalb sogar eine Videokassette, die erklärt, wie man das Spiel spielt, bei, und die ist auch wirklich notwendig! So schön sich eine Videokassette als Beilage im Karton machen mag, so muss man den Designern doch deutlich sagen: Sobald ihr überhaupt in Betracht zieht, ein Video zur Erklärung der Steuerung und des Spielprinzips zu produzieren, seid ihr sehr wahrscheinlich bereits anderweitig auf dem falschen Dampfer.

Doch sein wir ehrlich; trotz des schwierigen Einstiegs und den austauschbaren Missionen und Charakteren ist Ashes of Empire ein sehr gutes Spiel. Der Kern des Midwinter-Konzepts, erst als „einsamer Wolf“ im Rollenspielstil umherzureisen, um das Spiel dann langsam ins Strategiegenre überwechseln zu lassen, sobald der eigene Einfluss wächst, ist ziemlich unkaputtbar. Ashes kann sich unbestreitbar rühmen, eines der umfangreichsten Spiele aller Zeiten zu sein. Nur, dass dieser Umfang eben mit Mitteln erreicht wurde, die nicht ganz ideal sind. Wer sich wirklich mal in ein Spiel für mehrere Monate verbeißen möchte, der ist hier richtig.

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