Abobo's Big Adventure
für PC

Herr M.:
Firma: Team Bobo
Jahr: 2012
Genre: Action
Thema: Kämpfen / Fliegen / Humor
Sprache: English
Lizenz: Freeware
Aufrufe: 35650
Rezension von Herr M. (09.02.2013)
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Wo soll ich bei diesem Spiel nur anfangen? Bei der Tatsache, dass ich nie einen NES hatte und deshalb so gut wie alle Figuren in diesem Spiel, bei dem es sich um eine dezidierte Hommage an eben dieses System handelt, nur vom Hörensagen kenne? Oder dass ich Flash-Spiele in der Regel zu verachten pflege, weil sie oft nur eine halbgare Idee in liebloser Endlosschleife sind? Wie sehr ich normalerweise hirnlose Gewalt um der hirnlosen Gewalt willen hasse? Damit, dass ich mich wieder einmal wundere, warum Bösewichte überhaupt noch jemanden entführen anstatt endlich dazu zu lernen, dass das immer nur in Blut und Tränen endet? Ungeduldige haben sicher schon zur Wertung gelugt und sind nun ein wenig verwirrt…

Zu unrecht, denn es handelt sich bei diesem Spiel trotz all der eingangs erwähnten „Mängel“ um eines der besten Fan-Spiele, die ich je das Vergnügen hatte zu spielen. Und normalerweise vermeide ich solche Superlative, da sie in der ohnehin reichlich überstrapaziert sind. Aber hier haben wir einen beinharten Liebesbeweise an die 8-bit-Ära, ein wahr gewordener Nerd-Traum, wie man sich das oft in seinen Jugendtagen ausgemalt und erhofft, aber nie umgesetzt bekommen hat. Hier hat sich eine kleine Gruppe programmierender Spinne… ähm… Fanatike… ähm… Fans! versammelt und daran gemacht, einen Haufen wilder Phantasien wahr werden zu lassen. Jemals das Bedürfnis gehabt, Donkey Kong einen herzhaften Tritt in den Allerwertesten zu verpassen? Der alte Mann bei Zelda (stellvertretend für all die besserwisserischen Mentoren, die einem immer so halbgare Ratschläge erteilen, anstsatt einem gleich das magische Schwert auszuhändigen) war schon immer suspekt? Je gefragt, ob all die namenlosen Horden an Lakaien in diversen Prügelspielen etwa Familie haben? Ob man wohl je dazu kommen wird, in einem NES-Spiel Sex zu haben? Nun hier kommt die Gelegenheit, all diese Fragen (und natürlich noch viele mehr) ein für alle mal zu klären!

Wie bereits erwähnt hatte ich selbst nie einen NES, nur einen GameBoy und so sind meine Kenntnisse bezüglich einiger Anspielungen eher oberflächlich, aber dennoch habe ich genug aufgeschnappt, um sagen zu können: Hier wurde sehr viel Wert auch auf die kleinsten Details gelegt und es wurden definitiv nicht nur die üblichen Verdächtigen ausgepackt, sondern eine extrem breites Spektrum an Charakteren verarbeitet. Ob es tatsächlich ultimativ ist, kann ich nicht sagen, aber es ist gewiss erschöpfend. Das Schöne dabei ist, dass nicht nur einfach Ideen irgendwie genommen und zusammengestückelt wurden, sondern auch sehr viel Wert auf Spielbarkeit und Zugänglichkeit gelegt wurde. Das was Nintendo so groß gemacht hat, wurde behutsam erhalten: Schnelles und intuitives Gameplay, bei dennoch nicht zu verachtender Schwierigkeitsstufe und einem ansprechendem Design, sowohl was Grafik als auch Sound betrifft. Und so holt dieser Teil mehr aus seinen beschränkten 16 Farben und Piepsesound heraus als so mancher AAA-Titel, der sich noch so abrackert mit seinen „symphonischen“ Klängen, unübersichtlichen Matschgrafiken und verkrampft schlecht portierter Steuerung.

Auch wenn mich die derzeit aufkommende Retro-Welle manchmal eher skeptisch stimmt, so muss ich doch sagen, dass Abobo sich für mich wirklich so gespielt hat, wie die Titel, die mir früher so unheimlich viel Spaß gemacht haben. Was es genau ist, kann ich leider, wie bei so vielen emotionalen Dingen, nicht sagen, aber trotzdem ich anfangs sehr skeptisch war und dieses Spiel nur aus einer gewissen zynischen Neugierde heraus versucht habe, waren alle meine Bedenken sehr rasch verflogen und schon verbrachte ich Stunden damit, mich durch die Levels zu prügeln, zu springen und zu schießen. Angefangen beim Urgroßvater aller Prügelspiele (Double Dragon, dem soweit ich weiß auch der Protagonist entsprungen ist) geht es über den klassischen Unterwasserlevel, einem Zelda-Dungeon und einer Jump'n'Run-Einlage Marke Megaman Richtung Finale, das sogar mit der einen oder anderen Überraschung aufzuwarten versteht. Der dabei entscheidende konstante Faktor, der Abobo einiges an Profil gibt, ist eine Skala, die den aktuellen „Wut“-Wert misst und bei vollständiger Füllung Zusatzattacken erlaubt… die es teils echt in sich haben.

Wo wir schon bei einem wichtigen Thema sind: Teils geht Abobo nicht gerade zimperlich mit seinen Gegnern um und es ist einiges an Spieleblut und teils auch Körperteilen und Eingeweiden zu sehen. Sicher eine Frage des Geschmacks, aber ich fand es dann doch schon wieder so übertrieben, dass es echt komisch war. Ein Augenzwinkern an Nintendos recht harsche Zensurpolitik? Sehr wahrscheinlich… Aber es ist eben auch dieses unbeschwerte Brechen mit Konventionen, dass von dem ungebunden kreativen Geist zeugt, der sich da durch das ganze Spiel zieht. Hier hat jemand wirklich genau das getan was er wollte, ohne sich allzu viele Gedanken darüber zu machen, wen er damit auf die Zehen steigt, und das Endprodukt sprüht vor dieser Kreativität. Lange ist es her, dass ich dermaßen dass Gefühl hatte, ein Spiel von Spielern für Spieler zu spielen. Vor allem auch ein Spiel, von dem ich überzeugt bin, dass es die Schöpfer selber mit Begeisterung spielen. Und kann es ein besseres Qualitätskriterium geben?

Wer jetzt noch immer skeptisch ist, ob er es denn ausprobieren will, nachschauen soll worüber ich da so begeistert daherbrabble, für den habe ich zum Abschluss noch das ultimative Totschlagargument: Das ganze Spiel ist vollkommen gratis! Man zahlt keinen müden Cent dafür, muss sich nirgends registieren und erhält einen vollwertigen Titel, einfach so, als Geschenk von den Schöpfern von Abobo's Big Adventure. Also zumindet kurz anspielen kann da auf gar keinen Fall schaden. :)

Für den eindeutigen Beweis dafür, dass man Computerspiele-Bösewichtern gar nicht genug danken kann, für ihre hartnäckig masochistische Ader, immer wieder Freunde und Verwandte von den falschen Leuten zu entführen, verleihe ich diesem Spiel 6 von 6 USK-Indexplaketten!

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