Infidel
für PC (DOS)

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Mr Creosote:Besucherwertung:
3/6
Firma: Infocom
Jahr: 1983
Genre: Adventure
Thema: Mythen und Sagen / Textbasiert
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 14161
Rezension von Mr Creosote (01.06.2013)
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Das Adventuregenre begann in Höhlen… das beinahe allen frühen Adventures eigene Thema war, ob sie nun in den düsteren Tiefen von Höhlensystemen oder auch in der Außenwelt stattfanden, dass es sich eigentlich immer um Schatzsuchen handelte: Die Aufgabe des Spielers war es, besondere Schätze zu finden und an sich zu bringe sowie diese oftmals zu sicheren Orten zurückzubringen. Die Rätsel drehten sich entsprechend um die physische Manipulation einer eher leblosen Umgebung, mit dem Ziel, verschlossene Türen zu öffnen und Fallen zu umgehen. Bei den Geschichten herrschten simple Fantasygeschichten vor. Infidel, das in der Gegenwart (d.h. den 1980er Jahren) unserer Welt stattfindet, kennzeichnet den Anfang einer Weiterentwicklung von diesen Wurzeln hin zu nachdenklicheren Untertönen.

Im Gegensatz zu den anonymen Protagonisten der früheren Spiele übernimmt man hier die Rolle eines relativ umfassend definierten Abenteurers auf einer Expedition mit dem Ziel, eine vergessene Pyramide Ägyptens zu finden. Die Dinge beginnen schiefzugehen, als seine Positionierungsausrüstung kaputtgeht und um die Zeit zu überbrücken, bis Ersatz geliefert werden kann, triezt man die Arbeiter, härter und härter zu arbeiten… bis sie schließlich das Camp in einer Nacht- und Nebelaktion verlassen, so dass der Protagonist sich nun ganz allein in den Weiten der Wüste wiederfindet. Da er jedoch immer noch von der Idee, die Pyramide zu finden, eingenommen ist, schwört er sich, dies nun aus Trotz ganz allein weiter in Angriff zu nehmen.

Damit beginnt das Spiel: Mit nur noch minimaler Ausrüstung, aber immerhin einer groben Landkarte, muss der Spieler den Eingang zu der Pyramide aufspüren, bevor er verdurstet. In der Pyramide warten dann die klassischen, tödlichen Fallen, die unvorstellbare Reichtümer bewachen. Diese Fallen zu umgehen bedingt die genaue Untersuchung der Umgebung sowie im ASCII-Zeichensatz dargestellte, eigens für das Spiel erfundene Hyroglyphen, die auf kryptische Weise Tipps geben, zu entschlüsseln.

Diese Schatzsuche ist hervorragend umgesetzt, aber sie entfernt sich nicht weit vom altbekannten Zork-Territorium. Bis (dreißig Jahre nach Veröffentlichung muss man wohl nicht mehr so vorsichtig sein, spätere Entwicklungen des Spielverlaufs zu verraten) zum bitteren Ende, das eine schmerzhafte Logik entfaltet, weil es direkt auf die Vorgeschichte Bezug nimmt: Als er endlich den ultimativen Schatz in der inneren Kammer in den Händen hält, wird der Protagonist unter den zusammenkrachenden Wänden begraben. Da niemand mehr da ist, der ihm helfen könnte, oder auch nur weiß, wo er sich überhaupt befindet, stirbt er einen schrecklichen und unvermeidlichen Tod.

Dieses Ende kann man als Reflektion des gesamten Genres verstehen: Die Arroganz des einsamen Abenteurers, wie er in diesen Spielen üblich war und ist, die maßlose Selbstüberschätzung seiner eigenen Fähigkeiten holt ihn nun endlich ein und er muss den Preis zahlen. Infidels Vorgeschichte hatte bereits davon erzählt, wie der Protagonist mit seinem Geschäftspartner gebrochen hatte, da er Ruhm und Reichtum für sich allein wollte. Wie er seine angeheuerten Arbeiter geschunden hatte. Dann folgte seine geradezu idiotische Entscheidung, die Schätze der Pyramide ganz allein zu suchen. Und auch im Spielverlauf gab es immer wieder Hinweise auf seinen Größenwahn; die Lösung größerer Rätsel wird beispielsweise immer wieder von Schimpftiraden über die „Idioten“, die er zurückgelassen hat, begleitet. Trotzdem bleibt der Spieler immer der willige Komplize in diesem Wahnsinn, da das Spiel einfach weiteren Spaß verspricht (was im übertragenen Sinne dem Ruf des Reichtums und des Ruhms entspricht).

Zahlreiche Artikel über das Spiel und sogar Komplettlösungen enden mit der Empfehlung, sich so viele Schätze wie möglich zu schnappen (so dass man beinahe die volle Punktzahl erreicht), dann die Pyramide zu verlassen und das Spiel sozusagen erfolgreich zu beenden. Doch ehrlich gesagt scheinen diese Leute das Wesentliche nicht zu begreifen. Sie empfehlen das Spiel so zu spielen, als existierten all diese Untertöne nicht; zu genau welchem Zeitpunkt man in der Pyramide umkommt, sollte überhaupt keine Rolle spielen – es geht darum, dass die gesamte Expedition so wie sie durchgeführt wurde von vornherein eine dumme Idee war! Eigentlich gibt es nur zwei sinnvolle Wege, diese Spiel zu erfahren: Entweder spielt man bis zum bitteren Ende so wie es vorgesehen ist oder man erkennt eben früh die Sinnlosigkeit dieses Unterfangens und spielt überhaupt nicht (d.h. man verlässt die Ausgrabung direkt nachdem die Arbeiter sich davongemacht haben).

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