Solo Flight
für Atari 400/800

Mr Creosote:Besucherwertung:
3/6
Firma: Microprose
Jahr: 1983
Genre: Simulation
Thema: Fliegen / Logistik
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 14493
Rezension von Mr Creosote (03.08.2013)
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Zwar verbindet man sie heute wohl hauptsächlich mit der Civilization-Reihe, doch das eigentliche große Vermächtnis Microproses liegt im Flugsimulationsgenre. Zwei ihrer ersten Veröffentlichungen waren das Weltkriegsspektakel Spitfire Ace und dieses Spiel, Solo Flight, das bis heute für sich in Anspruch nehmen kann, einer der wenigen zivilen Flugsimulatoren zu sein.

Solo Flight erweitert dabei das Konzept von subLOGICs bereits einige Jahre vorher erschienenen S1 Flight Simulator insofern, dass es dem Herumgefliege aus Selbstzweck einen Sinn zu geben versucht: Post soll man durch den simulierten Teil der USA transportieren. Die Herausforderung ist dabei die Planung, wie viele Postsäcke man laden kann, wie viel Treibstoff man tankt und in welcher Reihenfolge man die Ziele anfliegt (also welche Route man nimmt). Soviel zur Theorie, doch wie zu dieser Zeit üblich wird die Motivation, diese Aufgabe auch gut zu erfüllen, komplett immanent dem Spieler anvertraut. Das Spiel bietet keinerlei übergeordnetes, spielerisch integriertes Ziel, wie die Möglichkeit, Geld zu verdienen oder sonstwie Karriere zu machen; selbst eine Highscoreliste glänzt mit Abwesenheit. Wie sehr man sich also anstrengt, liegt ganz bei einem selbst, und hängt wohl davon ab, wie ernst man die Sache nimmt.

soloflight06.png
Wolkenwand voraus

So beschäftigt sich das Spiel also letztlich doch wieder „nur“ mit Herumfliegen. Immerhin ist es eine der ersten wirklichen Flugsimulationen (also im Gegensatz zu Actionspielen im Flugzeugumfeld). Die Flugfunktionen beschränken sich nicht darauf, nur die Triebwerke anzuwerfen, die Roll-Nick-Gier-Winkel einzustellen und ein bisschen mit den Auftriebsklappen herumzuspielen. Landungen können beispielsweise mit Hilfe eines virtuellen ILS (Instrument Landing System) durchgeführt werden, einem automatischen Steuersystem moderner Flugzeuge auf Funkbasis. Selbst vollständige instrumentengestützte Navigation ist möglich: Bei extrem schlechten Sichtbedingungen, dadurch simuliert, den Bildschirm vollständig grau zu schalten, kann man versuchen, die Route per VOR (VHF Omnidirectional Range) und DME (Distance Measuring Equipment) auf rein mathematischer Basis zu berechnen – ganz wie in der echten Welt. Man könnte denken, dass das heutzutage alles über GPS (Global Positioning System) liefe, aber tatsächlich werden heutzutage immer noch auch diese bewährten Funktechnologien in alle Flugzeuge eingebaut. Bei Solo Flight lernt man also etwas fürs Leben.

Dabei könnte man sich natürlich auch fragen, ob es wirklich Spaß machen kann, die ganze Zeit auf einen grauen Bildschirm zu schauen und von Zeit zu Zeit ein paar Zahlen von den Instrumenten abzulesen, doch in einer Flugsimulation ist dies nun mal ein integraler Bestandteil des realistischen Flugmodells. Und ehrlich gesagt kann es schon ziemlich befriedigend sein, wenn man nach einem langen Blindflug mit der Maschine runtergeht und sich dann endlich tatsächlich der angesteuerte Flughafen zeigt (d.h. dass die Berechnungen korrekt waren)!

Dass zivile Flugsimulationen niemals ein so weitläufiges Genre geworden sind, wie ihre militärisch motivierten Cousins, hat schon einen Grund: Die Zielgruppe ist einfach kleiner. Nicht, weil die meisten Menschen Militaristen wären, sondern einfach, weil sie weniger aufregend sind. Sagen wir einfach mal, dass es wohl nachvollziehbar weniger Adrenalin produziert, einen im wahrsten Sinne des Wortes stundenlangen Flug ohne besondere Vorkommnisse zu machen. Routenplanung, auf welche automatische oder manuelle Weise nun auch immer, sowie Start und Landung sind die einzigen größeren Aufgaben des Spielers. Man kann im Stil von Sim City zufällig eintretende oder manuell auszulösende technische Probleme zur Erhöhung des Schwierigkeitsgrades zuschalten, aber das war's dann auch wirklich.

Puristen können und werden natürlich argumentieren, dass dies genau das ist, was ein Flugsimulator leisten soll: Es ist der Versuch, die Aufgaben eines echten Piloten zu simulieren. Wem das etwas gibt, der kann mit Solo Flight keinesfalls etwas falsch machen. Es ist, gerade sein Alter bedenkend, schon recht beeindruckend. Und wenn man dem Kopf die Entscheidung überlässt, dann ist es doch eigentlich auch ein gar nicht mal so übler Gedanke, ein Spiel zu genießen, in dem man einfach und ohne Hintergedanken anderen Menschen hilft, und das sogar, ohne dass Dritte zu Schaden kommen, oder?

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