Rescue on Fractalus!
für Atari 400/800

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Mr Creosote:Herr M.:Gesamt:
2.5/6
Besucherwertung:
6/6
Firma: Lucasfilm Games
Jahr: 1984
Genre: Action, Simulation
Thema: Fliegen / Science Fiction / Krieg
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 12728
Rezension von Mr Creosote, Herr M. (25.01.2014)
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[Mr Creosote] Letztes Jahr schloss LucasArts seine Pforten. Anstatt wie weitverbreitet Häme darüber auszugießen, wie sie ohnehin keine guten Spiele mehr gemacht hätten, gehen wir mal zurück an die Anfänge dieser Entwicklungsschmiede unter dem Namen „Lucasfilm Games“. Eines ihrer beiden ersten Spiele nannte sich Rescue on Fractalus.

[Herr M.] Was einem bei diesem Titel vielleicht als allererstes auffällt, und worüber sich mancher sicher schon bei anderen Spielen dieses Entwicklers gewundert hat, ist, dass das scheinbar überhaupt nichts mit dem Namen „Lucas“ zu tun hat. Da hätte man doch eher etwas aus einem der wohl berühmtesten Science Fiction Filme überhaupt erwartet, oder?

[Mr Creosote] Nun war es aber wohl so, dass seinerzeit die hausinterne Entwickler noch als unbewährt galten und so vergab man die Lizenzrechte für Videospielumsetzungen der eigenen Märchenfilme lieber für viel Geld an Dritte. Und, das sei auch betont, mit Adventures hatte die Firma zu der Zeit ebenfalls noch nichts zu tun.

[Herr M.] Es war schon fast ein wenig mutig, sich allein auf die Zugkraft des Namens „Lucasfilm“ zu verlassen. Andererseits ist es vielleicht auch gar nicht so verkehrt gewesen, eher auf eine innovative Spielidee und ungewöhnliche Technik zu bauen, anstatt sich im Schatten eines Megablockbusters zu verstecken.

Innovationspotential im Alterungsprozess

[Mr Creosote] Ungewöhnliche Technik ist wohl das definierende Stichwort: Anfang der 80er Jahre war die Heimcomputer- und Spielkonsolenlandschaft noch sehr vielfältig. Nicht alle Techniken ließen sich gleichermaßen auf allen Systemen darstellen. So kam es, dass die ersten Lucasfilm-Spiele für Ataris 8-Bit-Systeme entwickelt und optimiert wurden, während Systeme anderer Firmen mit relativ minderwertigen Umsetzungen abgefertigt wurden.

[Herr M.] Und die erwähnte Optimierung merkt man eindeutig: Bei Atari-Spielen denkt man ja oft an sehr simple Spiele, in denen man eine Tätigkeit in Endlosschleife durchführt, bis einem Zeit oder Leben auslaufen. Fractalus ist jedoch um vieles komplexer als man daher erwarten würde: Ein echtes Flugmodell, fraktale (sic!) Landschaften und ein zwar einfacher Spielmechanismus, der aber doch mit ein paar Überraschungen aufwarten kann, zeugen von einem hohen kreativen Geist dieses (damals) jungen Entwicklerteams.

[Mr Creosote] Beginnen wir mit der Fraktaldarstellung. Diese geometrischen Gebilde sind dadurch besonders, dass sie sich keiner ganzzahligen Dimension zuzuordnen sind. Dadurch vermeidet man weitgehend sowohl den Effekt völliger Auflösung in riesige Bildpunkte bei reiner Pixelgrafik, als auch den (in der damals möglichen Umsetzung) doch sehr spartanischen Look von Vektorgrafik, wie ihn beispielsweise Elite bot.

[Herr M.] Fast jeder kennt wohl das gute alte Apfelmännchen, bei dem man immer weiter hineinzoomen kann, und immer neue, teils sich selbst wiederholende, Muster entdecken kann. Umgesetzt auf Fractalus bedeutet das soviel wie, dass die Programmierer hier unendlich viele Landschaften auf sehr kleinem Raum verfrachtet haben. Eine Technik, die auch bei späteren Flugsimulatoren (z.B. Microsoft Flight Simulator 5) auch recht oft zum Einsatz kam, aber hier wohl einer der ersten Versuche war, mit einem relativ einfachen Trick für sehr abwechslungsreiche Landschaften zu sorgen… vorausgesetzt man kann damit leben, dass sie alle aus einem monochromen Braunton bestehen.

[Mr Creosote] Auch Lucasfilm selbst benutzte die gleiche Technik noch für weitere folgende Spiele. Aber natürlich muss man gestehen, dass es nach heutigen Maßstäben nicht mehr besonders toll wirkt, sondern eben sehr eintönig.

[Herr M.] Was wohl auch an der beschränkten Zahl an unterschiedlichen Objekten, die in diesen Landschaften auftauchen, liegen mag. Wobei das eben, wie gesagt, nach heutigen Maßstäben gilt. Ich kann mir vorstellen, dass das in den 80er Jahren durchaus unglaublich abwechslungsreich gewirkt hat.

[Mr Creosote] Ganz bestimmt, diese Grafik war ganz vorne dabei! Doch man verließ sich auch nicht nur auf Technologie, sondern machte sich eben auch spielerisch Gedanken. Statt der üblichen Ballerei, die man bei einem Raumschiffspiel erwarten würde, ist es das primäre Spielziel, abgestürzte Piloten von der Planetenoberfläche zu retten.

[Herr M.] Ursprünglich sollte es ja sogar ein völlig gewaltfreies Spiel werden, aber dann soll George Lucas höchstpersönlich gefragt haben, wo denn da der Feuerknopf ist. Diesen nachträglichen Einbau merkt man dem Spiel ein wenig an: Der eigentliche Schwerpunkt liegt tatsächlich darauf die gestrandeten Piloten aufzuspüren und wieder ins Mutterschiff zu bringen. Dabei kann man selbst entscheiden, ob man sich der bewaffneten Opposition direkt im Kampf stellt, oder eher auf Ausweichmanöver und damit auf die eigenen Flugkünste setzt.

[Mr Creosote] Eigentlich gibt es an dem simplen Spielkonzept dann nur noch einen kleinen Kniff: Nicht alle behelmten Piloten sind tatsächlich auf Rettung wartende Menschen. Auch exakt gleich getarnte Aliens habe sich daruntergemischt, die versuchen, stattdessen das eigene Schiff zu vernichten.

[Herr M.] Aber nicht von Anfang an: Das schöne dabei ist nämlich, dass sich im Laufe der 30 Levels des Spiels, fast sowas wie eine kleine Geschichte entwickelt. Zu Beginn ist man der Jungspund, der endlich mal in einen dieser Superjets darf, um die gescheiterten Topasse zu retten. Die ersten Levels laufen schön glatt, man sammelt ein paar der Bruchpiloten ein, sieht hin und wieder einen feindlichen Flak-Turm und fliegt dann wieder zum Mutterschiff zurück. Dann tauchen nach und nach neue Gefahren auf. Erst Selbstmord-UFOs und dann Piloten mit seltsam grünen Helmen… die sich als Aliens entpuppen. Sie lernen also dazu.

[Mr Creosote] Bis sie eben dann auch die grünen Helme gegen graue austauschen. Sie sind also optisch nicht mehr von den Menschen zu unterscheiden. Was nicht nur für richtige Spannung sorgt, wenn sich ein Pilot/Alien dem eigenen Schiff, dessen Schutzschilde man ausschalten musste, nähert, sondern auch eine weitere originelle spielerische Idee zeigt: die funktionale Einbindung der Soundeffekte.

[Herr M.] Ja, wer nämlich, so wie ich, anfangs immer gleich die Landklappe ausfährt, sobald ein Pilot auf das Raumschiff zuläuft, wird früher oder später eine sehr unangenehme Überraschung erleben. Lässt man nämlich einen der „Jaggies“ (so heißen die grünen Kerle) ins Schiff, beginnt er dieses zu zerlegen. Die grünen Helme sind der erste Warnhinweis, und später lernt man sich dann auf den Sound zu verlassen. Die echten Piloten klopfen nämlich an.

[Mr Creosote] Soweit eigentlich alles ganz gut, aber auch spielerisch muss ich, ähnlich wie bei der Grafik, sagen: Es ist dann doch recht eintönig mit der Zeit.

[Herr M.] Ja, es wiederholt sich recht schnell, und gerade die ersten Level sind auch viel zu leicht und langweilig. Unter Level 20 ist fast nichts los, und selbst Level 30 ist, für Veteranen von Weltraumkämpfen wie in X-Wing oder Tie Fighter, eigentlich immer noch recht harmlos. Vor Allem weil einen jeder gerettete Pilot auch noch ein wenig „heilt“, man also durchaus ein wenig großzügig mit den Schilden sein kann.

[Mr Creosote] Sehr ungewöhnlich, war es doch zu der Zeit gerade noch völlig üblich, mit Spieler möglichst gnadenlos umzugehen.

[Herr M.] Es fehlt auch eindeutig an einer Langzeitmotivation. So spannend des Setting des Kampfes über einem Alien-Planeten auch sein mag, und so viel Spaß es macht die ersten Piloten zu retten, dadurch, dass man nur den Highscore knacken kann, fehlt ein wenig ein Ziel. Irgendeine Art von Karriere oder eine Kampagne, die vielleicht nur aus ein paar kurzen Texten zwischendurch bestanden hätte, hätten da vielleicht schon Wunder gewirkt.

Fazit

[Mr Creosote] Dem muss ich leider zustimmen. So nett die Grundidee durchdacht sein mag, so ist das Spielprinzip doch einfach zu dünn, um lang- oder sogar nur mittelfristig wirklich zu begeistern. Und die gestrige Technologie hält einen eben auch nicht mehr bei der Stange.

[Herr M.] Aber immerhin kann es zumindest für einen kurzen Moment ganz unterhaltsam sein. Bei meinem ersten Landeanflug war ich fast ein wenig beeindruckt: Der Abflug aus dem Hangar, das Eintauchen in die Atmosphäre und dieser schöne Moment der Desorientierung, als dann auf einmal „manual“ (control) aufleuchtete, das hatte schon was. Und dieses Warten auf das Klopfen oder den fast durch die Scheibe springenden Alien (vorzugsweise wenn die Energie gerade niedrig ist), ist, so simpel das ganze gestrickt ist, doch ganz spannend.

[Mr Creosote] Fractalus ist sicher kein schlechtes Spiel. Aber nostalgisch verklären sollte man es auch nicht. Zum zeitlosen Klassiker hat es meines Erachtens nicht gereicht.

[Herr M.] Vielleicht bin ich leicht zu unterhalten, aber was ich oben geschrieben habe ist frei von Nostalgie, weil ich das Spiel erst vor ein paar Wochen zum ersten mal gespielt habe. ;) Ein echter Klassiker ist es vielleicht nicht, aber dadurch, dass man sich damals doch um ein paar Innovationen bemüht hat, ist es doch noch überraschend spielbar.

[Mr Creosote] Man soll sich diesen Anfängen also ruhig erinnern. Den Namen Lucasfilm Games/LucasArts wird man trotzdem weiter primär mit ihren späteren Adventures verbinden.

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