Space Taxi 2
für PC (Windows)

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LostInSpace:
Firma: Twilight Games
Jahr: 2004
Genre: Action, Denkspiel
Thema: Fahren / Fliegen / Science Fiction
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 8711
Rezension von LostInSpace (15.10.2019)
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In den guten alten, goldenen Zeiten waren Videospiele thematisch fast ausschließlich auf eine Zielgruppe zugeschnitten: heranwachsende junge Männer. Dementsprechend herrschten in Videospielen noch fantastische Grundideen vor: die Rettung der Erde und der ganzen Menschheit oder gar des gesamten Universums. So klangen damals die Ziele und Herausforderungen der Familienväter von morgen. Da das Zocken mittlerweile erwachsen geworden ist, durchlebt die Jugend von gestern nun eine abschreckende Konfrontation mit der Realität. Die alten Visionen sind als kindisch abgestempelt worden und die Spieleindustrie bringt nun auch den Realismus in die vormals noch so gut behütete Kinderstube von heute. Dazu wird vornehmlich jede noch so absurde Berufsgruppe und jede noch so harmlose alltägliche Tätigkeit zu einem Spiel hochstilisiert oder einfach simuliert und in irgendwelchen obskuren Spieleaufgüssen bis zur Unkenntlichkeit wiedergekäut. Doch auch schon in der guten alten Zeit mussten die Helden der Konsole einige Querschläger wegstecken und sich mit der Rolle eines einfachen Taxifahrers begnügen. Dabei denkt man an öde Fahrten von A nach B, auf denen der allgemeine Klatsch und Tratsch mit den Fahrgästen wohl schon das Highlight gewesen sein dürfte. Doch nicht so bei Space Taxi.

Hier übernimmt der Spieler die heldenhafte Kontrolle eines schwebenden Vehikels, um durch Annahme jeder denkbaren fahrtechnischen Herausforderung seine unschuldigen Fahrgäste in einer Umgebung voller Gefahren sicher ans Ziel zu bringen. Mit der ehrlichen monetären Belohnung wird die notorisch knappe Kasse des Berufskraftfahrers befüllt und zu Zwecken der Betankung oder der Reparatur herangezogen. Als einsamer Cowboy der Personenbeförderung versucht man also in ferner Zukunft auf diversen Exo-Planeten den umkämpften Markt zu beherrschen, ohne dabei jedoch auf direkte Konkurrenz zu treffen. Sämtliche Fahrgäste haben nur dieses eine Taxi und je heldenhafter man agiert, desto höher fällt ein gelegentliches Trinkgeld aus. Dabei beschränkt sich das Vokabular der Kundschaft auf die einfachen Formeln, die schon so oder so ähnlich in der C64-Version als Sprachausgabe ertönt sind: Hey, Taxi, Pad two, please oder Up, please. Sofort wird die Handschrift des genialen Gamedesigners John F. Kutcher augen- bzw. ohrenscheinlich. Der hat in Zusammenarbeit mit dem Softwarehaus Twilight Games und in seiner Eigenschaft als der Erschaffer des ersten Teils den zweiten Teil nicht nur autorisiert, sondern auch aktiv mitgestaltet hat. Ganze 20 Jahre sind ins Land gegangen, bevor das alte Spielprinzip reanimiert wurde und mit neuer Kraft wiederauferstanden ist.

Und tatsächlich: das Spiel ist erwachsen geworden. Mir fällt als erstes sofort die wunderbar sanfte Steuerung des Taxis ins Auge. Das Taxi sieht nun auch endlich richtig futuristisch aus. Und die Farbgebung ist nicht mehr von der C64-Palette abhängig. Damit hat das Taxi nun endlich das satte Taxigelb, dass man unwillkürlich mit Taxis verbindet. Der Soundeffekt beim Anecken an eines der vielen Hindernisse klingt wunderbar blechern und durch eine Kollision beschädigt, spuckt das Gefährt auch ordentlich Ruß aus dem Auspuff. Das macht das Taxi liebenswert, da der Science-Fiction-Welt ein ordentliches Maß an Old-School anhaftet.

Aber nun genug vom faden Realismus und hin zur Fütterung des exzentrischen Spielergemüts: Zur Auswahl stehen drei Planeten, die jeweils andere Grundthemen aufweisen. Da wäre als erstes Metropolys, eine Megametropole in der Zukunft. Dann kommt Lunar 7, einer mondähnlichen Umgebung mit einem Raketenstart im letzten Level. Zu guter Letzt haben wir den Planeten Xyxylplyx, der unerforschte Gebiete und Forschungsstationen bietet. Klugerweise muss man das sechste Level des jeweiligen Planeten nur einmal erreichen. Dann ist ein „Wurmloch“ mit einem direkten Zugang frei geschaltet.

Grafisch wurde die schlichte Zweidimensionalität des ersten Teils in eine Pseudo-3D-Umgebung verwandelt. Beim ersten Spielen hatte ich Bedenken, dass die teilweise bewegten Hintergründe und die detailreichen Vordergründe das Navigieren und die Orientierung erschweren. Aber das ist in der Praxis nicht der Fall. Im Gegenteil: Die hohe Auflösung mit den zahlreichen Details erfreuen das Auge und tragen zur gelungenen Atmosphäre bei. Zur Auflockerung steigen ab und zu Luftballons mit Bonusgegenständen auf, die den Spieler mit Benzin, Geld oder sogar einem Extraleben beglücken. Diese Goodies werden in den knapp 30 Leveln mit ansteigender Schwierigkeit auch bitter benötigt. Der erste Planet hält noch verhältnismäßig einfache Hindernisse bereit, die aus Magnetismus, herumzüngelnden Tentakeln oder sich bewegenden Plattformen bestehen. Später kommen noch herumspringende Bälle, explosive Bomben und Kanonengeschosse hinzu.

Dabei sind einige Level klar erkennbar vom Original inspiriert worden und glänzen nun in neuem Gewand. Die Grenze zwischen Remake und Fortsetzung ist dabei fließend: Für ein reines Remake sind zu viele neue Gimmicks eingebaut worden. Für einen wirklichen zweiten Teil sind aber meiner Meinung nach die Bezüge zum ersten Teil doch zu stark. Das altbewährte Spielprinzip wurde in diesem Sinne komplett beibehalten und im positiven Sinn verbessert. Schon die unterschiedlichen Fahrgäste bieten Abwechslung: der Businessman, die Joggerin, der alte Greis und auf den exo-terrestrischen Planeten dann natürlich Außerirdische und Roboter.

Auch das Ansteuern der Plattformen ist verbessert worden. Man sieht sofort anhand eines großen Hologramms die entsprechende Nummer und ein großer grüner Pfeil fungiert als Navigationssystem zum Auffinden des nächsten Pads. In einer Statusleiste wird das aktuelle Ziel ebenfalls angezeigt. Da sich der Fahrpreis nach der Dauer der gesamten Fahrt richtet, ist eben auch die Zeit zum Ein- und Aussteigen entscheidend. Landet man sein Taxi beispielsweise viel zu weit entfernt von dem alten Mann am Krückstock, zeigt das Taximeter nach der stark verzögernden Einsteigprozedur sogar mal den Nulltarif an. Das hindert den alten Mann aber nicht daran beim Aussteigen die Verspätung mit einer fluchenden Aussage zu bedenken.

Insgesamt kommt das Spiel mit einem netten Augenzwinkern daher. Dies ist kein bierernster Taxisimulator, sondern das kleine Actionspiel für zwischendurch. Als Highscore wird auch nur der Höchststand der Fahrteinkünfte gespeichert. Damit ist der Weg das Ziel und nicht das Erreichen des letzten Levels. Die Planeten sind sukzessive zugänglich und nach Beendigung des ersten Planeten wird der nächste Planet zunächst nur mit einer kleinen scrollenden Textsequenz verbal beschrieben. Auf eine hochauflösende kinoartige Animationssequenz wartet man also vergeblich.

Hier ist dann auch mein Hauptkritikpunkt: der relativ hohe Preis von rund 20 Dollar schaltet das Upgrade von der Demo zur Vollversion frei. Man bekommt zwar ein tolles und motivierendes Spiel. Aber der Anbieter stellt dieses immerhin schon 15 Jahre alte Spiel damit leider in dieselbe Preisklasse wie die allerneuesten Spieleangebote bei den diversen Onlineportalen. Man kann nur hoffen, dass dieses tolle Spiel irgendwann unkommerziell wird.

Kommentare (3) [Kommentar schreiben]

LostInSpace:
Unter dem originalen Titel "Space Taxi" darf wohl niemand veröffentlichen, solange dieser Mr. Kutcher nicht sein ok gibt. Ob auch die Spielmechanik lizensiert ist , weiß ich nicht. Aber vermutlich schon, sonst hätte wohl längst eine größere Firma ein Plagiat auf den Markt geworfen :D
Herr M.:

Netter Seitenhieb auf die Genero-Simulatoren 20XX. ;)

Sehe ich das richtig, dass das tatsächlich eine "Fortsetzung" vom Original ist? Ob die wohl nach diesen weitern 15 Jahren an Teil 3 arbeiten oder doch noch 5 Jährchen zuwarten?

Auch wenn's unoriginell ist: Ich persönlich mag ja Fortsetzungen oder Neuauflagen, die das Rad nicht komplett neu erfinden, d.h. wenn das Grundkonzept passt.

Was mich eher abschreckt ist die Plastik-Grafik der 00er Jahre. Gefühlt altert die tatsächlich deutlich schlechter als jede noch so pixeligste Ur-Versionen.

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