1497: Five Years After
für Amiga (OCS/ECS)

Mr Creosote:
Firma: Jan Hagqvist
Jahr: 1996
Genre: Strategie
Thema: Geschäftswelt / Historisch / Multiplayer / Krieg / Unfertig
Sprache: English
Lizenz: Shareware
Aufrufe: 1082
Rezension von Mr Creosote (18.11.2023)
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Colonization Reloaded… oder zumindest sowas in der Richtung? Sicher gab es hier einen Fan des Microprose-Klassikers. Die große Frage im Raum bei derart „inspirierten“ Spielen ist ja immer, ob es ihnen gelingt, eine eigene Identität aufzubauen. Denn wer will schon eine zweitrangige Imitation spielen, wenn man das Original haben kann? Wie schlägt sich 1497 diesbezüglich.

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Um erstmal das Offensichtliche aus dem Weg zu räumen. Trotz der Versionsnummer 1.0 und trotz Vermarktung als Shareware für mehrere Jahre ist das Spiel leider offensichtlich unfertig. Im Einzelspielermodus ist 1497 ein reines Sandbox-Spiel. Künstliche Intelligenz findet im Spiel nicht statt. Europäische Nationen gibt es in einer Partie so viele wie menschliche Spieler. Ureinwohner bleiben passiv und warten einfach darauf, dass ihre Städte zerstört werden, ohne jemals Initiative zu ergreifen oder Gegenangriffe zu versuchen.

Städte niederzubrennen wird mit Gold und Sklaven belohnt. Sklaven sind sogar frei bewegliche Einheiten, dienen aber… keinerlei Zweck. Sie können weder arbeiten, noch sich Siedlungen anschließen. Verkaufen kann man sie an den neutralen Handelszentren nicht. In den Kolonien produzierte Waren dagegen schon, wodurch weitere Einnahmen entstehen. Doch einen Sinn hat das nicht. Das Bankkonto wächst, wächst, wächst, aber bezahlen muss man niemals irgendetwas. Ganz in diesem Sinne existiert auch kein erreichbares Spielziel. Man kann unendlich weitermachen. Bis sich halt Langeweile einstellt. Alles in Allem sollte hier also kein Zweifel aufkommen: So richtig unterhaltsam ist das Spiel nicht, denn wo wird man heutzutage schon noch menschliche Gegenspieler finden?

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Für diejenigen, die trotzdem akademisches Interesse aufbringen, sollten wir der Eingangsfrage der eigenen Identität nachgehen.

Auf den ersten Blick fühlt man sich schon, abgesehen von nicht unbedingt eingänglichen Bedienung, wirklich wie in Colonization. Mehr oder weniger unerschlossenes Land wartet nur auf europäische Besiedlung. Man baut Städte, bestellt Äcker und Minen und… tötet die ursprüngliche Bevölkerung. Schließlich soll alles historisch korrekt ablaufen.

Kolonisten können Berufe innerhalb der Siedlungen zugewiesen werden, wie beispielsweise Holzfäller, Bergarbeiter oder Bauarbeiter. Die üblichen Ressourcen wie Erz und Gold müssen zugeteilt werden. Das Errichten von Gebäuden eröffnet weitere Möglichkeiten. So kann eine Waffenkammer logischerweise Gewehre produzieren, mit denen man Soldaten ausrüstet. Das sinnlose Abschlachten der Einwohner habe ich doch erwähnt, oder? Oder aber man kann die anderen Spieler überfallen. Oder sich zumindest gegen diese verteidigen.

Doch dann bemerkt man doch einige signifikante Unterschiede. 1497 dreht sich viel weniger um Gebäude. Die anfängliche Wachstumsphase einer Stadt verbringt man am besten ganz ohne jegliche Bauaufträge. Unvorstellbar in Colonization! Selbst später muss man sich jede Planung gut überlegen, denn Gebäude konkurrieren mit der Ausbeutung natürlicher Ressourcen, was die Felder um die Stadt herum angeht. Denn dort werden sie errichtet.

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Das schlägt sich auch in der Kriegsführung nieder. Selbst wenn eine Stadt zu stark verteidigt ist, kann man immer noch das umliegende Land verwüsten. Was effektiv die Macht des Gegners zerstören oder zumindest schwächen kann.

Da ist sie also. Die eigene Identität dieses Spiels. Die es einzigartig und spielenswert hätte machen sollen.

Doch selbst wenn man eine Partie gegen andere Menschen anfängt, bleibt Konkurrenz weitgehend optional. Die Weltkarte ist groß. Zu groß, Konflikte zu erzwingen. Selbst vier Spieler können sich hundert Jahre gemütlich ausbreiten, ohne jemals wirklich aneinanderzugeraten. Sid Meier sprach mal davon, den Umfang entweder zu verdoppeln, oder zu halbieren. Davon kann hier leider keine Rede sein.

Es ist, was es ist. Ein kühner Versuch zweier Individuen, etwas Großes zu schaffen. Sie sind überraschend weit gekommen. Sie hatten ein paar Ideen, die ihr Spiel vom großen Vorbild abhebt. Doch 1998 stellten sie die Entwicklung ein und die Annahme, dass da 25 Jahre später nichts mehr kommen wird, kann als sicher gelten. Doch sollte jemand nochmal ein neues Colonization machen wollen, könnte er sich hier ruhig das eine oder andere abgucken.

Kommentare (1) [Kommentar schreiben]

Mr Creosote:
Mal wieder ein Spiel, von dem niemand gehört hat, und das ganz sicher niemand gespielt hat. Obowohl 1497: Five Years After eigentlich ein ganz guter Name ist. Das Thema ist sofort klar, ohne total generisch zu klingen. Er löst den „aha"-Reflex aus, ohne dabei zu elitär rüberzukommen. Zwischen 1996 und 1998 befand sich das Spiel in aktiver Entwicklung von Version 0.09 bis zur angestrebten 1.0. Schauen wir uns letztere doch mal an.
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