Supremacy: Your Will Be Done
für C64

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Mr Creosote:
Weitere Titel: Overlord
Firma: Probe / Virgin Mastertropic
Jahr: 1990
Genre: Strategie
Thema: Spionage / Science Fiction / Krieg
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 965
Rezension von Mr Creosote (16.12.2023)
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In Romanen gab es über die Jahrhunderte geradezu einen Wettstreit um den besten Eröffnungssatz. In Spielfilmen geht es immer um starke erste Eindrücke. Warum sollte Äquivalentes nicht auch für Computerspiele gelten? Supremacy eröffnet mit einem Musikstück, das direkt klarmacht, hier erwartet uns etwas Besonderes. Es fängt an mit langsamen sphärischen Klängen. Dann geht es über in ein zwar konventionelleres Arrangement aus Schlagzeug, Bass und Melodie, aber Mann, was für ein geiler Sound! Nur um uns dann mehrfach wieder herauszuwerfen, durch Brüche und Wechsel, die einen auf Trab halten. Selbst wenn unerwartet, ergeben die Übergänge musikalischen Sinn. All das in einem Strategiespiel. Ein Genre, das zu der Zeit nicht gerade für seine audiovisuellen Qualitäten bekannt war. Doch die Zeiten waren im Begriff, sich zu ändern.

Besonders bemerkenswert war dabei, dass eben dieser Soundtrack in der C64-Umsetzung stark ausgebaut war. Das Slideshow-Intro der Amigaversion wurde dagegen weggekürzt, wie auch andere Illustrationen. Doch selbst auf dieser kleineren Maschine ist die Grafik noch sehenswert. In der kommerziellen Veröffentlichung, aber sogar noch mehr in der 30th Anniversary Edition, in die Fans neben anderen Verbesserungen eben diese Grafiken wieder einbauten, und somit die ultimative Version des Spiels zusammenstellten.

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Doch womit verdiente sich Supremacy überhaupt eine solch lang anhaltende Fanbasis? Es machte das, was später als das 4X-Genre bezeichnet wurde, außerhalb der Harcore-Wargaming-Nerd-Zirkel zugänglich. Im gleichen Jahr wandte sich Imperium noch an genau diese klassische Kernzielgruppe. Auf seine eigene Weise war jenes Spiel ebenfalls ein großer Wurf. Im direkten Vergleich wirkt Supremacy geradezu primitiv. Doch tatsächlich verfolgte es einfach ein anderes Ziel.

Im Kern dreht sich alles um das so Erwartete: Es gilt, ein Sonnensystem zu erobern und dabei einen Konkurrenten auszustechen. Einer aus vier verschiedenen Gegnern kann ausgewählt werden, was die Größe der Spielwelt und den Schwierigkeitsgrad bestimmt. Es geht jedoch immer nur gegen einen. Und zwei Menschen können leider nicht gegeneinander antreten.

Der Unterschied zwischen Imperium und Supremacy zeigt sich bereits auf den Sternenkarten der Spiele. Wo ersteres seine Spieler dreidimensional zoomen und drehen lässt, kürzt Supremacy solch realistische Komplexität einfach heraus und reiht stattdessen die Planeten wie Perlen auf einer Schnur auf. Womit für intuitive Übersicht gesorgt ist. Und wenn man darüber nachdenkt, geht eigentlich sogar nichts verloren, denn abstrahiert ist dies eine korrekte Repräsentation der Umlaufbahnen um die Sonne.

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Derlei behandelt das Spiel das Meiste. Wo Komplexität nicht wirklich etwas brächte, wird vereinfacht. Darüber hinaus wird all das vereinfacht, was der damals noch unbekannte Dave Perry als unvorteilhaftes Tauschgeschäft zwischen Realismus und Managementaufwand ansah.

Dadurch bleibt ein Spiel, in dem man auf planetarer Ebene Industrie verwaltet. Basische Schiffsmodelle baut und ausrüstet, Diese zu anderen Planeten schickt. Dort Lebensbedingungen schafft und sie kolonisiert. Dann folgt wieder der Aufbau einer Industrie, um autark zu werden. Womit sich der Kreis schließt. Bevölkerung existiert nur zwecks Einkommen (durch Steuern) oder um sie in die Armee einzuziehen. Womit dann auch Schlachtschiffe einen Sinn bekommen. Denn früher oder später sind alle vormals unbesiedelten Planeten vergeben und damit ist Krieg unausweichlich.

Nicht zuletzt da all das in Echtzeit abläuft, ist der Fokus auf externes Management des Imperiums eine gute Entscheidung. Innerhalb des Staates sägt niemand am Thron des Spielers. Soald man ein paar Planeten und mehrere Schiffe zu befehligen hat, wird es trotzdem ausreichend hektisch.

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Genau daraus zieht Supremacy seinen Schwierigkeitsgrad. Die Kernformel des Terraformings, einem Siedlerschiff und dem schnellen Errichten lebensnotwendiger Installationen für Energie-, Rohstoff- und Nahrungsmittelgewinnung, sowie dann der Absicherung durch Schlachtkreuzer, während man die Bodentruppen verstärkt, ist eigentlich simpel. Der eine oder andere Schritt darin mag bereits ein wenig zu detailliert geraten sein, wie beispielsweise dass man manuell Schiffe zwischen dem Orbit eines Planeten und dem angrenzenden Weltraum verschieben muss.

Doch letztlich ist es genau diese selbstauferlegte Beschränkung, die die Eleganz des Spiels ausmacht. Man baut seine Machtbasis aus. Schlägt die feindliche Flotte. Erobert weitere Planeten. Das ist universell nachvollziehbar. Und damit nicht genug. In der Anleitung findet sich eine hervorragende Einführung, wie das Spiel funktioniert. Das Spiel steuert sich durch intuitive Menüs. Inklusive naheliegender Sprungmöglichkeiten von einem Bildschirm zum anderen.

Wo andere ihren Spielen immer mehr und mehr Features spendierten, sie immer komplexer gestalteten und mit immer subtileren Einflussmöglichkeiten ausstatteten, zeigte Supremacy die Zukunft des Genres. Konterkarierte all diejenigen, die sich über fehlenden Tiefgang beschwerten. In dem selbstbewussten Wissen, dass mehr Features nicht immer zu mehr Spieltiefe führen. Und nicht zuletzt in dem Wissen, dass all diese Erweiterungen letztlich nur alle Spieler außerhalb eingeweihter Zirkel noch mehr abschreckten. Mit einer Spielzeit, die selten über zwei oder drei Stunden hinausgeht, trag es eine goldene Mitte, die andere auf Jahre hinaus versuchten nochmals zu treffen.

Kommentare (1) [Kommentar schreiben]

Mr Creosote:
Das neue Jahrzehnt, die 1990er Jahre, veränderten die Computerspielwelt grundlegend. Supremacy zeigt exemplarisch, wie plötzlich alle einen neu entstehenden Massenmarkt ansprechen wollten. Sich Zielgruppen zu öffnen versuchten, die soetwas wie ein Strategie-Kriegsspiel im vergangenen Jahrzehnt nicht einmal mit einer Kneifzange angefasst hätten.
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