Der Planer… da betritt eine neue Firma auf den Markt, und es fällt ihr nichts Besseres ein, als wieder das deutsche Cliché der Wirtschaftssimulation zu erfüllen und dem Ganzen dann auch noch solch einen Schnarchnamen zu verpassen? Wobei hinter Greenwood ja letztlich doch einigermaßen erfahrene Leute standen. Die das Genre anscheinend derart liebten, dass sie sich in der kurzen Firmenhistorie niemals hinausbewegten.
Man begibt sich in die Logistik. Weder produziert, noch kauft oder verkauft man. Stattdessen werden die Waren anderer transportiert. Noch hat man überhaupt eine eigene Firma, sondern ist – soweit, so realistisch – stinknormaler Arbeitnehmer. Oder nicht ganz stinknormal, man übernimmt die Rolle eines Yuppie-Strebers, also wird man gleich mal als Manager angestellt. Die Firma übergibt dem Spieler also für einen bestimmten Zeitraum (üblicherweise wenige Monate) die Schlüssel zum Erfolg, im Austausch für ein Monatsgehalt und die Möglichkeit eines erfolgsabhängigen Bonus. Wobei Erfolg nicht nur über den Profit definiert wird, sondern auch bezüglich bestimmter, vorgegebener Expansionswünsche.
Es kommen also Auftragsangebote rein, die bevorzugt per eigenem LKW durchzuführen sind. Verschiedene Frachtarten benötigen natürlich unterschiedliche Brummis, da Tanklaster logischerweise keinen Container von A nach B bringen. Fahrer müssen Pausen- und Fahrzeiten einhalten usw. usf. Sollte irgendetwas schiefgehen, bleiben im Notfall Zug, Schiff, Flugzeug oder sogar die Unterbeauftragung an die Konkurrenz.
Hinter der Mad TV nachempfundenen Fassade des Bürogebäudes mit verschiedenen Funktionen hinter den Türen verbirgt sich trotzdem die übliche deutsche Zahlen- und Statistikschieberei, nur dass sich diese auf virtuellen Computer- und Laptopbildschirmen, Kontoauszügen oder Bilanzausdrucken abspielt.
Was trotzdem seinen Reiz hat, denn Der Planer ist im Kern ein Optimierungsspiel über zahlreiche Dimensionen. Die LKW dürfen nicht stillstehen, denn wir befinden uns noch nicht im Zeitalter der Scheinselbstständigkeit. Die Fahrer werden bezahlt, ob sie im Pausenraum rauchen oder sich auf der Straße befinden. Es gilt also, genau das Auftragsvolumen anzunehmen, mit dem man sich exakt am Limit befindet, also auch das Risiko eingeht, auch mal einen Auftrag zu verhauen und daraufhin mit Vertragsstrafen belegt zu werden.
Wobei das Spiel eine echte Tourenplanung leider nicht erlaubt. Mehrere Stationen (Pommes von Bonn nach Köln, dann dort Fischstäbchen einladen und nach Mönchengladbach bringen und von dort mit Speiseeis zurück nach Bonn) können dem Fahrer nicht mitgegeben werden. Das höchste der Gefühle ist gerade mal, einem fahrenden Laster einen zweiten Auftrag rüberzufaxen. Ansonsten bleibt nur das naive Spiel, den nächsten Auftrag nach Rückkehr in die Zentrale zu vergeben, was seine Vor- (Umhängen von Anhängern, Tausch des Fahrers…) und Nachteile (Zeitverlust) hat.
Der große Anteil manuellen Mikromanagements (außer dem Genannten auch Wartung, Rechnungs- und Mahnungswesen, Arbeitsverträge und noch Einiges mehr) hält einen immerhin permanent hochbeschäftigt. Immer gibt es noch einen LKW loszuschicken, noch einen Vertrag zu prüfen, noch eine Krankheitsvertretung zu suchen. So gerät man gewissermaßen in eine Sogwirkung, immer weiter und weiterzuspielen. Beinahe wie in den richtigen Meisterwerken der Marke „nur noch ein einziger Zug“.
Andererseits muss man irgendwann erkennen, dass eine große Menge dieses Mikromanagements eben doch nur Beschäftigungstherapie ist. Die Möglichkeit einer echten Tourenplanung hätte beispielsweise den Spieler von rein mechanischen Tätigkeiten entlastet und dafür Freiheiten gegeben, sich mit anderen Belangen, beispielsweise strategischer Art, zu beschäftigen. So hätte man also das Spiel gleichzeitig beherrschbarer und anspruchsvoller machen können. Und damit langfristig interessanter.
In diesem Zusammenhang ist es vielsagend, dass höhere Schwierigkeitsgrade sich nicht etwa durch komplizierte Gesamtwirtschaftslagen definieren, sondern rein über die Firmengröße. Wenn die Anzahl der Lastwagen und Aufträge die Dutzende überschreiten, weitere Zweigstellen in anderen Städten eröffnet werden, dann ist die Überforderung wahrscheinlich konzeptuell gewollt. Nicht gewollt ist dagegen, dass die Bedienung dann nicht mehr ganz reibungslos mitspielt (Umschalten der aktiven Niederlassung usw.).
Das langfristige Interesse soll stattdessen wohl durch die Komponente des Privatlebens und der damit verbundenen persönlichen Entwicklung aufrechterhalten werden. Jeden Morgen und Abend haben Frau und Sohn Gelegenheit, den (selbstverständlich männlichen) Spieler um Geld aus der Privatschatulle anzuhauen. Verweigert man, sinkt die Zuneigung. Denn, wie allgemein bekannt, Geld macht glücklich. Na ja, und von Zeit zu Zeit mal früher Feierabend zu machen, weil die Schwiegermutter zu Besuch kommt. Durch Erfolg im Beruf lässt sich also auch das Glück in der Familie erkaufen – auf den ersten Blick vielleicht ganz witzig, aber letztlich wird keine neue Spieldimension eröffnet.
Man merkt schon, wir bewegen uns auf schlimmsten Clichéniveau. Die zutiefst kitschigen Illustrationen des Mitte der 90er Jahre unvermeidlichen Celal passen sich immerhin nahtlos in die ganze Wirtschaftswunderromantik ein. Wobei die augenscheinlich ohne Kenntnis des Spiels gezeichnet wurden, oder warum sieht die gleiche Person auf jedem Bild völlig anders aus?
Irgendwann nimmt dann selbst bei thematisch interessierten Spielern der Frust überhand. Der Ärger darüber, dass es zwar zahlreiche Statistiken und Zahlenübersichten gibt, aber diverse völlig naheliegende Daten trotzdem manuell gepflegt und errechnet werden müssen (bspw. Projektion der Transportkosten). Die Absurdität, dass man zwar detailliert über die Umstände von Unfällen informiert wird, aber ausgerechnet vergessen wurde, welcher LKW denn nun ersetzt werden muss. Die irrationale Wahl, das eigene Büro ganz oben im Gebäude statt im Erdgeschoss neben der LKW-Halle zu haben, obwohl man fast permanent zwischen den beiden pendelt. Alles für sich Kleinigkeiten, aber mangels wirklicher neuer Herausforderungen im Spielverlauf bestimmen diese irgendwann das Bild und erdrücken den bis dahin durchaus vorhandenen Spaß.
Kommentare (18) [Kommentar schreiben]
Habe immer gehoft das ich Planer 3 so gerne spiele wie die Dos Version
Die Dos Version ist und bleibt der Planer, im Netzt hab ich was gefunden wo man nun Drucken kann aus dem Programm heraus, macht die Übersicht der Aufträge leichter.
Fange ich immer wieder gerne an zu Spielen werde allerdings nie fertig, da es eine sehr umfangreiche WISI ist.
Sehr gut umgesetzt, wenn man WISI mag sollte man es Spielen.