Steel Machine
für CD-i

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Mr Creosote:
Firma: SPC Vision / Philips Interactive Media
Jahr: 1993
Genre: Action
Thema: Fliegen / Science Fiction / Krieg
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 1791
Rezension von Mr Creosote (18.06.2022)
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Ein nichtssagender, völlig auswechselbarer Titel. Das vielleicht schlechteste Cover der Spielegeschichte. Ein lachhafter Plotvorwand. Bei derart schwachen äußerlichen Reizen verdient sich das Spiel wirklich den Status eines Geheimtipps.

Steel Machine nimmt sich den C64-Klassiker Uridium zum Vorbild, also einen der besten Shooter überhaupt. Am Steuer eines höchst agilen Raumjägers versucht der Spieler, sechs riesige Schlachtkreuzer zu zerstören, die seinen Heimatplaneten bedrohen. In der Tradition des Kriegs der Sterne (und weil es sonst natürlich kein Spiel gäbe) haben diese Kreuzer einen Schwachpunkt. Die Ingenieure haben den Reaktor außen auf den Rumpf montiert! Fügt sich nahtlos in die Liste bescheuerter Designentscheidungen im Science-Fiction-Genre ein. Um allerdings an den Reaktor zu kommen, muss dessen Schutzschild deaktiviert werden, wozu wiederum kleinere Energiestationen in die Luft gejagt werden müssen (wiederum auf dem Rumpf).

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Rakete im Anflug

Den Kreuzern steht ein unendlicher Vorrat kleiner Jäger zur Verteidigung zur Verfügung, aber auch darüber hinaus stellt sich noch ein weiteres Problem: Die normale Waffe der Steel Machine (blöder Name) kann gegen die Energiestationen oder den Reaktor überhaupt nichts ausrichten. Dazu braucht es besondere Raketen, die man jedoch gar nicht geladen hat. Welch Glück, dass gegnerische Staffeln sie bei Zerstörung gerne mal hinterlassen, wie sonst auch Aufrüstungen der normalen Waffe, Schildenergie, Extraleben usw.

Dadurch prägt eine Designentscheidung das gesamte Spiel. Auf dem regulären Flug vom Levelanfang zum Ende tauchen lange nicht ausreichend Raketen auf. Der Spieler muss also über den Kreuzer hin- und herfliegen… immer und immer wieder. Oder aber man richtet sich häuslich in der Nähe einer der Klappen, aus denen die feindlichen Jägerstaffeln kommen, ein, um sie dort direkt zu zerstören, bevor sie überhaupt zur Gefahr werden können.

Ob bewusst oder nicht unterscheidet sich Steel Machine dadurch ziemlich stark von Uridium. Ironischerweise spielt es sich vielmehr wie ein anderes Werk Andrew Braybooks – das unbekanntere Morpheus. Ein ungewöhnlich langsamer Shooter, der von exakter Bewegung im Raum, freier Navigation und dem Sammeln von Ressourcen zum Aufrüsten des Schiffs bestimmt ist.

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Neue Laserkanone

Was insofern in Ordnung geht, dass Spiel und Spieltechnik beide Vorgehensweisen erlauben. Die Kontrolle über das Schiff geht sehr exakt von der Hand, selbst bei höchster Geschwindigkeit. Die vertikale Bewegung klappt ebenfalls tadellos. Nur eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit schubst den Schwierigkeitsgrad gleich nochmal zwei Stufen nach oben. Die Steel Machine kann sich nicht frei horizontal über den Bildschirm bewegen. Sie muss sich immer an einem der Bildränder befinden. Da zeigen sich mal wieder diese CD-i-typischen technischen Probleme…

Dies macht das Ausweichen deutlich schwieriger. Insbesondere von hinten nahende Gegner sind höchst tödlich, da man sie ausschließlich über die praktische Levelkarte am oberen Bildrand erspähen kann. Das Schiff zu drehen, wird in einer Animation, die mit dem Vorbild mithalten kann, dargestellt. Doch wo man dort sehr genaue Kontrolle über das Manöver hatte, wird man hier direkt mal von der einen Seite des Bildschirms zur anderen katapultiert. Jegliches Hindernis irgendwo dazwischen bedeutet den sofortigen Tod. Da zu allem Überfluss die Drehung genauso ausgelöst wird, wie die Geschwindigkeit zu verringern, geschieht es leider manchmal sogar unabsichtlich. Natürlich immer zu Unzeiten.

Mindestens muss man sich daran also schonmal gewöhnen, manchmal wird es aber direkt unfair. So beispielsweise am rechten Ende eines jeden Levels, direkt vor dem Reaktor: Kommt man ihm zu nahe, ohne das Kraftfeld deaktiviert zu haben, kann man ohne Verlust eines Lebens nicht mehr umdrehen. Sobald man den Reaktor sieht, ist es bereits zu spät.

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Reaktor in Sicht… damit ist das Schiff verloren

Das Leveldesign legt nahe, dass sich die Macher des Spiels all diesem durchaus bewusst waren. Versuche, solchen Frust zu vermeiden, finden nicht statt. Vielmehr platzieren die Leveldesigner mit Freude unzerstörbare Hindernisse gerne direkt dort, wo man eigentlich gerade besonders gerne die Richtung wechseln würde. Beispielsweise direkt hinter einem Hangar oder einer Energiestation. Im dritten Level springt der Schwierigkeitsgrad unvermittelt in nahezu unschaffbare Höhen. Man kann sich wirklich nirgendwo mehr sicher fühlen.

Doch auch das originale Uridium war ja kein Zuckerschlecken. Nach Level 3 folgen weitere harte, aber immerhin wieder schaffbare Levels. Steel Machine wirft einem verschiedene Gegnertypen entgegen, derer man sich nach Durchschauen ihrer Bewegungs- und Angriffsmuster effektiv entledigen kann. Visuell machen die Levels ebenfalls einiges her. Der thematisch naheliegende metallische Look der ersten beiden Abschnitte wird in den beiden folgenden durch einen regelrechten biomechanischen Alptraum abgelöst. Im Vergleich dazu sind die letzten beiden Levels beinahe eine Enttäuschung, da den ersten beiden (mit Ausnahme der Einfärbung) doch wieder etwas ähnlich. Da ging man wohl davon aus, es werde ohnehin niemand so weit kommen.

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Ein neuer Gegner in Level 5/6: ein Bodenfahrzeug

Die Musik wird direkt von der CD abgespielt. Die fünf Industrial-Techno-Tracks passen hervorragend! Wie vom CD-i gewohnt (technisches Problem Nr. 2) muss man sich zwischen Musik oder Soundeffekten entscheiden. Da letztere jedoch sehr generisch ausfallen, fällt die Bestätigung der Voreinstellung nicht schwer. Wobei sooft, wie man die Levels wiederholen muss, man irgendwann schon „Shrivelled“ und „Is she dead?“ satt haben könnte ;)

Im weiteren Laufe des gleichen Jahres kam dann natürlich Graftgold mit Uridium 2 heraus. Klar, jenes ist das bessere Update des Originals. Doch Uridium 2 blieb dem Amiga vorbehalten und überhaupt ist Steel Machine trotzdem der Titel des besten Klons, der nicht von Braybrook stammt, nicht abzusprechen. Trotz einiger frustrierender Momente bleibt das Spiel immens motivierend – selbst nach hunderten Toden versucht man es immer und immer wieder noch ein letztes Mal.

[Zur Zeit des Verfassens gab es leichte Probleme in der Emulation unter MAME. Am linken Bildrand sieht man Levelgrafik, wo eigentlich schwarz sein sollte. Die Bewegung des Spielers führt zum leichten Abdunkeln und Aufhellen der Grafik. All dies ist auf Screenshots und Video sichtbar. Spielerisch ergeben sich jedoch keine Einschränkungen.]

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